Sonntag, 11. August 2013

Götakanal die Erste — Arkösund nach Söderköping

Mittwoch 31. Juli. "Tolle Wurst!" Beim Ablegen hängt unser Kiel zur Abwechslung mal nicht in irgend jemandes Heckanker, sondern in der Mooringleine. Diese wurde im Eifer des gestrigen Anlegegefechts gegen Seitenwind und Stinkstiefel in Kooperation mit eifrigen jungen Hafenmeistern von vorne steuerbord nach achtern backbord durchgereicht. Der Wind steht heute von achtern bb aufs Heck, sodass wir auf den Nachbarn an stb gedrückt werden, als wir uns rausziehen. Diese Nachbarn sind weniger dramatisch veranlagt als die an backbord und halten anstandslos ab. Wir kommen frei, bloß um im Hafenbecken festzustellen, dass wir immer noch an der Mooringleine hängen, oder umgekehrt, die Leine an unserem Kiel. Wieder verunsichert: Wie herum verläuft die blöde Leine denn nun?! Die LF schlägt in der Not dem Skipper vor, nochmal in die Box zu fahren, um die Angelegenheit in Ruhe zu klären, notfalls durch tauchen. Das hört die Frau vom Stinkstiefel, die plötzlich an Deck ihres Kahns auftaucht und die Hände überm Kopf zusammen schlägt:" Oh nein, nicht!" Jetzt heißt es erst mal einatmen, dann ausatmen. Nach ein paar unschlüssigen und bangen Momenten sinkt die Leine von selbst ab, die Klappe der Nachbarin bleibt zu. Ob der Affe dabei ums Leben gekommen ist, interessiert uns nicht mehr. Fuh!


Tanken, Gasflasche bunkern und Hafengeld entrichten erledigen wir in einem Aufwasch. Die Zufahrt nach Mem ist schön schärig und dicht bewaldet, vorbei an einem Felsen, wo lediglich eine hübsche ökumenische Steinkirche drauf steht. Brothers and sisters: Praise the Lord! Und dann geht's hinein in den engen Kanal. An der Einfahrt in Mem steht eine Bude zum einchecken. Wir zahlen Durchfahrt und Hafengebühren für die Häfen im Götakanal (aber nicht die für den Trollhättekanal) und werden mit einem Aufkleber für den Mast sowie Servicekarten in der Größe von Kreditkarten ausgestattet. Damit haben wir elektronisch Zugang zu den Hafeneinrichtungen. Einfach Karte ranhalten, Sesam öffne dich. Alles professionell durchorganisiert. Wir bereiten Leinen für die erste Aufwärtsschleuse vor. Uh, ist das aufregend. Die Leinen dürfen nicht zu lang, aber auch nicht zu kurz sein. In Fahrt abspringen, wieder an Bord kommen, gar nicht so einfach. Und von wegen kein Wind im Kanal. Je nachdem, aus welcher Richtung der Wind bläst, kann er in der Schleuse um 1-2 Windstärken zulegen. Ein Gewitter kündigt sich mit Donnergrollen an. Die Böenwalze entpuppt sich aber als leere Drohgebärde eines Himmelsrowdies. Drei Schleusen, dann iss a Rua für heute. Man kriegt gleich zu Anfang eine Idee, warum die Schweden den Götakanal "Scheidungskanal" nennen. Schleusen sind ein wahrer Stresstest. 


Und sonst und überhaupt:
- eine Mooringleine ist in sofern wie eine Wurst, als sie zwei Enden hat, und eine gute Sache, wenn sie nicht...
- Beim Abendbrot im Bondens Lanthandel beobachten wir einen stockbesoffenen Schweden, der die Gäste an einem Tisch neben uns von der Straße aus anspricht. Sieht aus wie "Ditsche", isset aber nich. An diesem Original können wir unschwer erkennen, wie genau dieser Olli Dittrich Säufer studiert haben muss. Seine Darstellung stimmt bis in die feinsten körpersprachlichen Details. Die angewinkelten Knie, die leicht nach vorn gebeugte Haltung, das Hin-und Herschwenken von einem Bein aufs andere, und die Mikroausdrücke im Gesicht. Wir haben großen Spaß.

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