Sonntag, 28. Juli. Eine feuchte Kälte liegt über allem. Die Landschaft ist ein grau in graues Aquarell. Der Anker hat gut gehalten. Keine Lust auf ein morgendliches Bad, zu ungemütlich draußen. Ein guter Tag, um die nötige Schmerztablette mit einem Schluck Rotwein runter zu spülen. Aber eins müssen wir uns an einem solchen Tag doch eingestehen: Wir sind hervorragend ausgerüstet in dieser komplett vermessenen Welt mit Rundumversorgung und Sozialversicherungen. Unsere Geräte funktionieren (meistens). Da bereitet das bloße Tröten im dichter werdenden Nebel in einen Blechtrichter, mit nichts als dem eigenen Atem, besondere Freude, weil es einem das Gefühl gibt, dass die notwendigen Dinge einfach sind. Wir sind eingeschlossen in einer Waschküche, sind bisweilen im Umkreis von ca 100 Metern umgeben von undurchsichtiger, hellgrauer Feuchte. Oder wie aufm Präsentierteller, ein hors d'oeuvre, wahrscheinlich irgendwas aus der Nouvelle Cuisine. Dem Skipper gefällt der Nebel gar nicht. Die LF denkt eher wie "Die üble Tina": is gut fürs Buch respektive Weblog. Eine dunkle Form tritt aus dem Nebel hervor, eine scharf umrissene, aufsteigend abgestufte Felskante, die zu einem eckigen, abstrakten Brocken Stein neben dem Fahrwasser gehört. Das müssen die untersten Stufen des Stairway to heaven sein! Als der Nebel den Rückzug antritt, strahlt die Sonne wie mit einem Punktscheinwerfer einzelne Inselgrüppchen an und streut gleich noch ein paar Silberstreifen drüber. Kormoranhorden halten einzelne Skären besetzt, hocken sauber aufgereiht nebeneinander, wie auf eine Perlenkette gefädelt.
Utö riecht schon bei Anfahrt einladend würzig. Der ablandige Wind pustet uns den Inselduft wie eine Einladung entgegen. Wir versuchen zunächst, in Utös Nordhafen zu landen, der ist aber voll und wuselig. Wir sind nicht die einzigen, die einen Liegeplatz suchen. Fähren kommen und gehen mit Touristen in Hundertschaften und natürlich dem Tempo, das nur Routine erlaubt. Der Hafenmeister schickt uns in den Südteil des Hafens, also nochmal raus und außen um die Skäre herum, von der anderen Seite wieder rein. Dort gibt es freie Plätze, der erste stellt sich allerdings bei Einfahrt als untief heraus. Der zweite Versuch verläuft erfolgreich, wir kommen neben einem Schweden zu liegen, der hervorragend Deutsch spricht, weil seine "Mutti" Deutsche ist. Der erste Hafenrundgang verläuft etwas enttäuschend, so viele Menschen, die hier einen Teil ihres kostbaren Sommers verbringen; in den Versorgungseinrichtungen herrscht eine hysterische Atmosphäre. Nackte junge Mädchen mit schulterlangem Haar und unterkühltem Blick, die nach dem Duschen ihre heißen Höschen wieder anziehen werden, um an einem einzigen lauen Sommerabend alles in die Waagschale zu werfen, Mütter mit kreischenden Kleinkindern, eine durch Beinbruch behinderte Frau auf einem umgestürzten Mülleimer sitzend, sie alle scharen sich um ganze drei Duschen und schnattern in den höchsten Tönen um die Wette, weil ja das Duschwasserrauschen und natürlich das Geschnatter übertönt werden muss. Nichts wie weg hier. An der Haltestelle für die Fähre eine etwa 50 Meter lange Schlange. Fähre spuckt Leute aus, um sich gleich darauf über die Warteschlange herzumachen, im Minutentakt.
Und sonst:
- Unterwegs: als Untiefen getarnte Schwäne
- Die Fischsuppe in der Sejlerbaren darf gar nicht erst zum Fischsuppenwettbewerb antreten, den wir laufen haben
- "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster...." entpuppt sich als dermaßen originelle Lektüre, dass die LF am liebsten eigens dafür die Zeit anhalten würde!
- Der Seenebel hielt sich zwei Tage, in deren Verlauf wir ein Gebiet von etwa 40 Seemeilen nach Südwest zurücklegen. Insgesamt wird es wohl noch erheblich größer gewesen sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen