Freitag, 5. Juli 2013

Skillinge-Utklippan

"Polartec" — Mittwoch, 3. Juli 2013
Wie geplant gehts heute um 6:00 Uhr früh los. Wir haben 55  Meilen vor uns, nach Utklippan, einer Art Vorposten der Zivilisation. Der Wind kommt entsprechend der Vorhersage mit 3 Bft, später 4Bft aus SE, mit dem Kurs von 59° haben wir einen Am-Wind-Kurs, bei dem die Schille richtig gut läuft. Ein wunderschöner, müheloser Segeltag. Dick eingemummelt sind wir allerdings, inklusive Handschuhe. Wir haben beschlossen, dass wir uns nicht auf einer Sommerreise befinden, sondern auf einer Polarexpedition. (So stehts auch auf unserer Kleidung: Polartec). Seitdem sind die Temperaturen besser zu ertragen. Der Himmel ist bedeckt und hellgrau, der flüssige Untergrund schiefergrau. Die See atmet heute hauptsächlich aus. Wir genießen still. Keine direkten Begegnungen mit anderen Schiffen; einige Segler und Berufsschiffahrt lediglich am Horizont sichtbar. Bornholm zeigt von Ferne seine hohe Kante. Der erste Moment ohne Landsicht lenkt die Aufmerksamkeit auf veränderte Größenverhältnisse: Wir in schwimmfähiger Nuss-schale in überdimensionaler Badewanne unterwegs. Wasser trägt, Wind übertragen auf ausreichend große Stofflappen wird in Vorwärtsbewegung umgesetzt. Hätte man mir so Physik nahegebracht, wär vielleicht n böschn mehr hängen geblieben.

Um 13:00 kommt der Leuchtturm von Utklippan in Sicht. Fest sind wir um 14:45 am letzten ablandigen Platz. Die "Außenklippe" besteht aus zwei unverbundenen kleinen Skären, eine nördlicher, die andere südlicher; Holzruderboote stehen zur Verfügung, um im Hafen rum zu kommen. Es gibt ein Cafe/Restaurant
(so steht es jedenfalls auf der Hütte, in der der Hafenmeister wohl den Sommer über haust); eine Jugendherberge, ein "Museum" (jede Skäre, die was auf sich hält, braucht eins).
Plumpsklos. Ansonsten: Möwen, Möwen, und auch Möwen. Sie krakelen da so vor sich hin, verteidigen ihr Revier, kacken alles voll und kommen ganz nah, um mit breiter Brust Brot oder sonstiges Essbares zu verlangen, denn Betteln ist ihre Sache nicht. Das von NE nach SW verlaufende kleine Hafenbecken ist befestigt, und man geht längsseits der Pier.

Nun scheint die Sonne auf die staubige raue Schönheit dieser Felsen, und das Ohr will sich gerade auf die Naturgeräusche einstellen (Wind, Möwengeschrei), wenn da nicht... ein Schiff namens, ach nee, den Namen schreib ich hier jetzt nich hin, also wenn da nicht dieses ellenlange Fahrtenboot mit einem asig laut und erratisch klappernden Windrad reinkäme. Urgh. Für diese mechanische Klangkulisse fahr ich hier sicher nich hin. Als die nach einer halben Stunde immer noch keine Anstalten machen, das Ding auszustellen, rudern wir rüber und fragen mal nach, ob Chance auf Abstellen besteht und bekommen eine ziemlich dumme Antwort. Na gut, dann eben nich. Es gibt auch Menschen ohne Gewahrsein für Atmosphären.

Wir erkunden die Südinsel. Das leere Hafenmeisterhaus/Hafenbüro/Restaurant/Cafe regt die Phantasie an. Der Hafenmeister übern Sommer allein. Was, wenn ein Weltkrieg ausbricht und man ihn am Ende der Saison einfach vergisst?...Unten am Wasser kriegen zwei junge Möwen Flugunterricht, trauen sich aber noch nicht, paddeln lieber.
Zum Abendbrot gibts Rührei auf Schwarzbrot mit frischem Salat, und als Nachtisch Käseplatte.
Und als Betthupferl: ein paar Seiten "Nordwestpassage" für den Skipper sin Fru, und den "Öland"-Krimi für den Skipper. Na dann: gute Nacht.



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