Freitag, 26. Juli. Zum Aufwachen absolute Stille und keine Bewegung. Ein blassgrauer Himmel, der im Laufe des Tages hellblau anläuft, um dann wieder die ollen grauen Vorhänge vorzuziehen. Die Lockbuchführerin (LF) beginnt den Tag mit neuer Lektüre: "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" von Jonas Jonasson, einem Schweden, der jetzt auf Gotland lebt, wo er an seinem zweiten Buch schreibt. Die Geschichte lässt sich sehr gut an. Der Spiegel sagt: "Ein Schelmenroman erster Güte!"was schon auf den ersten Seiten erkennbar wird.
Der Anker ist beim Lichten heute für den Skipper erstaunlich schwer, obwohl gar kein Schlamm dran klebt. Muss an der Tagesverfassung liegen, die Kralle wiegt nach wie vor 15 kg. Da wir "No wind for the sailboat" haben, tuckern wir bis nach Möja, wo wir bevorraten wollen, bleiben aber dort einfach hängen, schlendern durch den Ort, zum Supermarkt, zur Kirche,
vorbei am Wärtshus, wo eine Jazzkapelle spielt und gut gelaunte Zeitgenossen im Garten rumlungern. Der Hafen ist klein. Die Atmosphäre ist authentisch, eine Mischung aus Wir-leben-hier-Rödel und Wir-machen-hier-Urlaub-Schampuslaune. Einfach zu urig, um gleich wieder weiter zu fahren. Es gibt keine Versorgung, also keinen Strom, kein Wasser, keine Duschen; lediglich ein paar Plumpsklos, von denen die LF sogleich Pickel, Ausschlag, Krätze und was sonst noch alles kriegt, womit sich jedes Bedürfnis, eine etwaige Notdurft zu verrichten, schlagartig erledigt hat, obwohl die Dinger auf den ersten Riecher sogar lecker Holzduft verströmen. (Da meldet sich eine Sehnsucht nach Borgholm auf Öland, wo alle Wege nach dem königlichen Toalet führten...) Was die sanitäre Versorgung angeht, so kann man wohl mit Fug und Recht sagen, dass die Schweden einen rechtschaffenen Sockenschuss haben. Aus unerfindlichen Gründen stellen sie immer eine akute Unterversorgung her, egal ob in Häfen, Restaurants oder Cafès...
Leider können wir den Klang der Kirche gesanglich nicht ausprobieren, da der Pfarrer gerade eine Besprechung darin abhält. Im Pärlan (mit Hafenblick auf Möja Berg) laufen wir zum Abendbrot ein. Hier sind die jungen Kellnerinnen so überfordert wie überall, aber dennoch freundlich. Nachtisch gibts aufs Haus, weil wir geschlagene 1,5 Std. aufs Essen warten. Geduldig, denn es gibt unglaublich viel zu kucken und natürlich zu klönen, z.B. über das "S-Marinale", wie in Bratskartoffeln. Die Dunkelheit schauen wir uns heute durch glasklare Rückseitenluft an. Wie durchsichtig Dunkelheit sein kann! In einer Hütte gegenüber machen ein paar junge Schweden lautstark Party mit viel Flüssigdroge. Na dann: Gute Nacht.
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