Eine der abgewrackten alten Damen von Skillinge [Schilling] |
Ausgeschlafen. Da wir heute einen Hafentag einlegen, leitet "dem Skipper sin Fru" noch in der Koje den guten Morgen mit der Lektüre von Tina Uebels "Nordwestpassage für dreizehn Arglose und einen Joghurt" ein. Das Weltempfinden von Shel, einer der Protagonistinnen dieser Geschichte, kann sie sogleich nachvollziehen: "Zeit und Erinnerung strukturierten sich in ihrem Erleben nach dem Wetter." So auch bei uns. Alle Pläne, Aktivitäten und Handgriffe richten sich vorrangig nach dem Wetter. Das Wetter verbindet sich mit Ort- und Zeiterleben. Es ist der große Geist. Aprospos Wetter: von wegen "W-i-e eine Kaltfront" gestern bei Einfahrt in den Hafen. Es w-a-r eine Kaltfront, wie wir auf der Wetterkarte, welche wir uns später aus dem Internetz zogen, sehr schön erkennen konnten.
Der Morgen bringt Regen. Den warten wir ab, dann verholen wir uns in Box Nr. 6, wo wir an Strom rankommen, und dann müssen wir bevorraten, denn unsere nächsten Schläge sind nicht unter 50 Meilen und gehen auf einsame Skären oder in kleine Häfen ohne großartige Versorgungsmöglichkeiten; auch brauchen wir eine neue Positionslampe. Eigentlich müssten wir auch die beiden Verbraucherbatterien austauschen, denn über Nacht haben die sich erstaunlicherweise tief entladen; gestern konnten wir keinen Landstrom legen, zu weit weg von der Zivilisation war unser Liegeplatz längsseits der Pier. Die Tiefenentladung ist entweder ein Zeichen dafür, dass die Batterien nix mehr können (sind ja auch schon 4-5 Jahre alt), oder dass irgendwas mitgenuckelt hat. Aber was?
Eine etwas kleinere als unsere alte Positionslampe ist zufällig als Restbestand eines früheren Händlers zu haben, obwohl es auch in diesem Hafen mit hohem Versorgungsstandard keinen echten Schiffszubehörladen mehr gibt. Die meisten kleinen Läden sind durch den Internetzhandel und große Anbieter in zentraler Lage aus dem Geschäft verdrängt worden. Super i-m Geschäft ist allerdings der Supermarkt, der alla dagar öppet ist und vollgestopft mit sprichwörtlich allem, was wir brauchen. Die Gänge sind so eng, dass nur eine Person gerade eben mit dem kleinen Einkaufswagen durchpasst, und die bunten Päckchen sind in den Regalen so dicht und hoch gestapelt, dass mehrere herausfallen, entnimmt man eins.
Das Dorf ist hübsch und verwinkelt, mit kopfsteingepflasterten Wegen und Häusern, die von Rosen, Malven, Klematis, Rittersporn und anderen bunten Blüten gesäumt sind. Wie in allen typischen schwedischen Dörfern spielen natürlich überall die hellblonden Kinder aus Bullerby. Und die großen Kinder lassen ihr Spielzeug auf der Straße rumstehen.
Die großen Kinder lassen ihr Spielzeug auf der Straße rumstehen, hier eine Norton |
Morgen soll es wieder ordentlich Wind geben. Wir wollen diesmal die heiß geliebte Hanö-Bucht links liegen lassen. Nach Uitklippan sind es 55 Meilen. D.h. also früh aufstehen. Schon heute Nachmittag frischt der Wind auf, was einen echten Hafenklang ergibt. Der Wind schlägt alle Fallen und Leinen, die nicht fest, sondern lose sind, gegen die Masten; so entsteht ein rhytmisches, aber taktloses, treibendes Schlagen, unterlegt mit dem tiefen Brummen bewegter Luft.
Lufttemperatur 18°C um 15:00
Wassertemp 10°C
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