Samstag, 27. Juli. Morgentau und Nebel, der sich zunächst wieder lichtet. Möja ist wie eine Zeitschleife. Hier könnten wir hängen bleiben. Tun wir aber nicht. Das Hafenmanöver dauert eine halbe Stunde, da wir mit unserem Kiel in der Ankerleine des Nachbarn in Lee hängen bleiben. Vorbereitet waren wir eher auf die Ankerleine des luvwärtigen Nachbarn, in dessen Richtung unser eigener Anker liegt. Bloß können wir uns dahin nicht ziehen, da wir unmittelbar vor unserem Liegeplatz auf Sandgrund stoßen — beim Reinfahren konnten wir vorwärts elegant drüber wegbügeln, rückwärts gehts aber nicht. Ui ui ui, da gibts Arbeit für ein paar Leute. Die Nachbarn zu beiden Seiten passen auf ihre Schiffe auf und halten uns ab, falls nötig, denn selbst öddelige 6-8 Knoten Wind treiben uns erheblich ab, sofern sie von der Seite blasen; allerlei Leute mischen sich ein, was die Richtung angeht, in die wir am besten drehen sollen, backbord oder steuerbord. Wo ist es am tiefsten? Jeder sagt was anderes. Ein Bötchen mit drei Leuten kommt angefahren, einer von ihnen nimmt unsere Vorleine, und so werden wir mit Motorkraft (immerhin, auch wenns nur ein Dingimotor ist) auf dem Teller gedreht, sodass wir die Untiefe wieder vorwärts nehmen können und frei kommen. Uff. Danke, und alle legen sich wieder hin.
Kaum haben wir uns erholt, biegen wir wenige Meilen nordöstlich von Möja auch schon nach Osten in den Bockösundet ab. Überraschung: es ist eine der schönsten Durchfahrten, die wir lange erlebt haben. Die Passage ist traumhaft, Trance induzierend. Wir vergessen, woher wir kommen und wohin wir wollen. Unser Weg ist rechts und links von hoch bewachsenen und kahlen Felsen gesäumt, die sich voraus perspektivisch verjüngen, als fuhren wir in eine geschlossene Form hinein. Wie in einem Rundumtheater sieht es aus, als trugen unsichtbare Hände die Landschaft an uns vorbei, unzählige Schichten beweglicher Kulissen in verschiedenen Grautönen. Nur die allernächste Umgebung enthält Grün, sattes Braun, und "Neger-Innenhandflächen-Rosa" (Skippers Alltagspoesie), der Rest verliert sich in Grau, und voraus im Nebel. Glattgeschliffene und zerklüftete Felsen wechseln einander ab, an den Säumen vom Wasser blank poliert. Manche Brocken unterschiedlicher Größen liegen so nah zusammen, als gehörten sie zueinander; kleine und größere Buchten öffnen und schließen sich, wir schauen, halten die Luft an und staunen.
Boxenstop in Sandhamn, wo wir Trinkwasser, aber auch ein paar Liter Diesel bunkern. Im Hafen wimmelt es nur so von Booten, geht zu wie auf einem Bahnhof. Schon gut, hier wolln wir ja eh nicht bleiben. Weiter gehts, aber da wieder dichterer Nebel aufkommt, gehen wir erstmal vor Anker in der Bulleröbucht, in der Hoffnung, dass die Sicht nach ein bis zwei Stunden wieder besser wird. Bullerö ist zwar entzückend, aber als Übernachtungsskäre nicht geeignet. Zu klein, zu ungeschützt bei wechselnden Windrichtungen. Als wir uns wieder auf den Weg machen, ist der Nebel eher noch dichter geworden, gibt aber dennoch zwischendurch schöne Ausblicke frei, z.B. auf eine Bonsaikiefer, die allein auf einer einsamem kleinen Skäre Wind und Wetter trotzt. Wir tuten in den Nebel, langgezogene Töne. Die Atemluft wärmt sogar die Hand, welche die Tröte hält, ein bisschen.
Die Bucht von Langviken ist groß und geschützt. Wir bleiben nachts in unserem Teil das einzige Schiff. Wind lässt ganz nach, Nebel hüllt uns immer noch ein. Wie sehr wir den Horizont brauchen, fällt uns jetzt auf, da wir keinen mehr haben. Nichts sehen zu können fordert den Verstand heraus, ganz nüchtern im Hier und Jetzt zu bleiben. In Kombination mit kalter Feuchte ist nicht nur der Verstand gefordert, sondern auch die Emotionen. Später in der Nacht zieht sich der Nebel etwas zurück.
Und sonst:
- "Neger-Innenhandflächen-Rosa" ist zwar ein Pleonasmus, da Handflächen nun mal innen sind, aber es gefällt mir trotzdem besser als "Neger-Handflächen-Rosa"; vielleicht erneut die Faszination, dass uns wieder einmal außen etwas Inneres begegnet. Aber natürlich auch, weil es ein Zitat ist, und Zitate brauchen nun mal das Original.
- Vor dem Ablegen: Badende am anderen Ufer, und ein Hund, der auf Wasser geht
- Nach dem Ablegen, merke: alles, was sich vertucken kann, vertuckt sich auch. Und wisst ihr warum? (Weils geht)
- Im Kielwasser eines Containerschiffs ist das Wasser glatt gebügelt
- Unserer Teekanne fehlt an der Tülle ein kleiner Katschen. Dabei ist sie noch gar nicht so alt. Das ist noch nicht dramatisch, aber doch schon beinahe so schlimm wie Flecken auf Lieblings-T-shirts. Wir schätzen sie, behandeln sie mit Respekt. Sie (die Teekanne) kommt täglich zum Einsatz, und wir haben sie gerne. Jeder Schaden oder drohende Verlust an den Dingen, die wir haben, ist an Bord fast noch schmerzlicher als zuhause.
Timeslip ist die wunderbare technische Einrichtung an der Fernbedienung für unseren Fernseher. Auf Knopfdruck pausiert das Fernsehprogramm solange, bis wir alles erledigt haben, von Nachtisch oder warme Socken besorgen über Anrufe erledigen oder abwimmeln bis Pinkelpause. Unsere diesjährige Tour ist nach diesem Gefühl benannt, eine profane Tätigkeit in eine andere profane Tätigkeit hinein zu schieben und dabei ganz selbstverständlich die Eigenzeit vor die fremde Zeit zu setzen.
Mittwoch, 31. Juli 2013
Dienstag, 30. Juli 2013
Bockholmen nach Möja-Kyrkviken
Freitag, 26. Juli. Zum Aufwachen absolute Stille und keine Bewegung. Ein blassgrauer Himmel, der im Laufe des Tages hellblau anläuft, um dann wieder die ollen grauen Vorhänge vorzuziehen. Die Lockbuchführerin (LF) beginnt den Tag mit neuer Lektüre: "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand" von Jonas Jonasson, einem Schweden, der jetzt auf Gotland lebt, wo er an seinem zweiten Buch schreibt. Die Geschichte lässt sich sehr gut an. Der Spiegel sagt: "Ein Schelmenroman erster Güte!"was schon auf den ersten Seiten erkennbar wird.
Der Anker ist beim Lichten heute für den Skipper erstaunlich schwer, obwohl gar kein Schlamm dran klebt. Muss an der Tagesverfassung liegen, die Kralle wiegt nach wie vor 15 kg. Da wir "No wind for the sailboat" haben, tuckern wir bis nach Möja, wo wir bevorraten wollen, bleiben aber dort einfach hängen, schlendern durch den Ort, zum Supermarkt, zur Kirche,
vorbei am Wärtshus, wo eine Jazzkapelle spielt und gut gelaunte Zeitgenossen im Garten rumlungern. Der Hafen ist klein. Die Atmosphäre ist authentisch, eine Mischung aus Wir-leben-hier-Rödel und Wir-machen-hier-Urlaub-Schampuslaune. Einfach zu urig, um gleich wieder weiter zu fahren. Es gibt keine Versorgung, also keinen Strom, kein Wasser, keine Duschen; lediglich ein paar Plumpsklos, von denen die LF sogleich Pickel, Ausschlag, Krätze und was sonst noch alles kriegt, womit sich jedes Bedürfnis, eine etwaige Notdurft zu verrichten, schlagartig erledigt hat, obwohl die Dinger auf den ersten Riecher sogar lecker Holzduft verströmen. (Da meldet sich eine Sehnsucht nach Borgholm auf Öland, wo alle Wege nach dem königlichen Toalet führten...) Was die sanitäre Versorgung angeht, so kann man wohl mit Fug und Recht sagen, dass die Schweden einen rechtschaffenen Sockenschuss haben. Aus unerfindlichen Gründen stellen sie immer eine akute Unterversorgung her, egal ob in Häfen, Restaurants oder Cafès...
Leider können wir den Klang der Kirche gesanglich nicht ausprobieren, da der Pfarrer gerade eine Besprechung darin abhält. Im Pärlan (mit Hafenblick auf Möja Berg) laufen wir zum Abendbrot ein. Hier sind die jungen Kellnerinnen so überfordert wie überall, aber dennoch freundlich. Nachtisch gibts aufs Haus, weil wir geschlagene 1,5 Std. aufs Essen warten. Geduldig, denn es gibt unglaublich viel zu kucken und natürlich zu klönen, z.B. über das "S-Marinale", wie in Bratskartoffeln. Die Dunkelheit schauen wir uns heute durch glasklare Rückseitenluft an. Wie durchsichtig Dunkelheit sein kann! In einer Hütte gegenüber machen ein paar junge Schweden lautstark Party mit viel Flüssigdroge. Na dann: Gute Nacht.
Der Anker ist beim Lichten heute für den Skipper erstaunlich schwer, obwohl gar kein Schlamm dran klebt. Muss an der Tagesverfassung liegen, die Kralle wiegt nach wie vor 15 kg. Da wir "No wind for the sailboat" haben, tuckern wir bis nach Möja, wo wir bevorraten wollen, bleiben aber dort einfach hängen, schlendern durch den Ort, zum Supermarkt, zur Kirche,
vorbei am Wärtshus, wo eine Jazzkapelle spielt und gut gelaunte Zeitgenossen im Garten rumlungern. Der Hafen ist klein. Die Atmosphäre ist authentisch, eine Mischung aus Wir-leben-hier-Rödel und Wir-machen-hier-Urlaub-Schampuslaune. Einfach zu urig, um gleich wieder weiter zu fahren. Es gibt keine Versorgung, also keinen Strom, kein Wasser, keine Duschen; lediglich ein paar Plumpsklos, von denen die LF sogleich Pickel, Ausschlag, Krätze und was sonst noch alles kriegt, womit sich jedes Bedürfnis, eine etwaige Notdurft zu verrichten, schlagartig erledigt hat, obwohl die Dinger auf den ersten Riecher sogar lecker Holzduft verströmen. (Da meldet sich eine Sehnsucht nach Borgholm auf Öland, wo alle Wege nach dem königlichen Toalet führten...) Was die sanitäre Versorgung angeht, so kann man wohl mit Fug und Recht sagen, dass die Schweden einen rechtschaffenen Sockenschuss haben. Aus unerfindlichen Gründen stellen sie immer eine akute Unterversorgung her, egal ob in Häfen, Restaurants oder Cafès...
Leider können wir den Klang der Kirche gesanglich nicht ausprobieren, da der Pfarrer gerade eine Besprechung darin abhält. Im Pärlan (mit Hafenblick auf Möja Berg) laufen wir zum Abendbrot ein. Hier sind die jungen Kellnerinnen so überfordert wie überall, aber dennoch freundlich. Nachtisch gibts aufs Haus, weil wir geschlagene 1,5 Std. aufs Essen warten. Geduldig, denn es gibt unglaublich viel zu kucken und natürlich zu klönen, z.B. über das "S-Marinale", wie in Bratskartoffeln. Die Dunkelheit schauen wir uns heute durch glasklare Rückseitenluft an. Wie durchsichtig Dunkelheit sein kann! In einer Hütte gegenüber machen ein paar junge Schweden lautstark Party mit viel Flüssigdroge. Na dann: Gute Nacht.
Bock auf Bockholmen
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Nomen ist nicht immer Omen: die Tratskär, die wir natürlich Tratsch-Äre nannten, hatte nichts zu sagen... |
Gummiboote voller japanischer Reisegruppen kommen uns entgegen, Skären-watching statt whale-watching, wie wir es in Kanada selbst unternommen haben, wo wir auch tatsächlich einige sehr lebendige Exemplare zu Gesicht bekamen, sodass selbst unsere Reiseführer Lust auf Überstunden bekamen. In den Stockholmer Skären gibts auch etliche Wale, allerdings aus Stein, meistens kriegt man nur ihre starren, glatt polierten Rücken zu sehen. Die Japaner auf den jeweiligen Booten schauen gruppenweise in die gleiche Richtung. Die Hauptbeschäftigung scheint das Fotografieren zu sein.
Mit Blick auf verbleibende Reisezeit beschließen wir, keine großen Strecken mehr nach Norden zurück zu legen. Nach Osten hin gibt es noch unendlich viele Skären, die einen Besuch lohnen. So bekommen wir Bock auf Bockholmen. Die Bucht ist überall etwa 18m tief, nur ganz am Rand wird es auf eine Bootslänge um die Felsen herum flacher. Eigentlich würden wir lieber ankern (die urtümlichste Art, irgendwo fest zu machen), aber mit nur 40m Kette haben wir kein gutes Gefühl. (Ursprünglich gingen wir mal von einer Ankerkettenlänge von drei mal die Wassertiefe aus; seit einem instruktiven Artikel in der Yacht sollen es aber fünf mal die Wassertiefe plus die Höhe des Freibords sein). Also gehen wir an den Felsen und werfen den Heckanker. Zwei Vorleinen haben wir: eine um eine Wurzel,
die andere um eine junge Kiefer. Sehr urtümlich das Ganze: wir nutzen, was sich so zum Gebrauch anbietet. Sonne unter. Ab ins Heiabettchen. Die Bucht ist so still, dass man den eigenen Atem hört. Ansonsten gehört sie den Vögeln.
Und sonst:
- Die LF hat im Krankenlager "Schatten an der Wand" zu Ende gelesen, das ihr noch nachhängt, vor allem wg. dem Zeitreise-Lebensgefühl, das es vermittelt. Eine tolle Geschichte, spannend erzählt.
- Kaum vor Anker, schon Beute gemacht: eine sauber aufgeschossene, etwa 6m lange, weiche Hilfsleine mit Dingi und Bootshaken vom Grund geborgen
Mittwoch, 24. Juli 2013
Über 53 Brücken musst du gehn
Montag, 21. bis Mittwoch, 24. Juli. Zum ersten Aufwachen in der Nordmetropole diesmal ein unvergleichlich schrilleres Hafenorchester als sonst. Von einer nahen Baustelle dringt der Schrei einer Kreissäge ins Ohr, und in unmittelbarer Nähe steigern sich das scharfe Pfeifen des Windes, kreischende Bugstrahlruder und das erratische Hin und Her eines von unschuldigen Kinderhänden ferngesteuerten Spielzeugbootes zu frühmorgendlicher Ohrenfolter. Wir satteln die Räder und machen Besorgungen beim Schiffsausrüster. Schellen in verschiedenen Größen, Schamfilschutz für Leinen, eine Reservepositionslampe, Kleber fürs Schlauchboot usw. Ansonsten: nichts muss, alles kann.
Dass wir bei Einfahrt gestern als erstes einem auf Wikinger getrimmten Touristenkahn begegneten, bestätigt, dass jede Reise immer auch eine Zeitreise ist. Vieles von dem, was unsere Vorfahren zum Leben und Überleben betrieben, machen wir heute nur so zum Spaß, uns segelnd von einem Ort zum anderen bewegen oder bewegen lassen z.B.
Die Innenstadt überfordert das sinnliche Auffassungsvermögen. In manchen Gegenden eine Ansammlung von Geschäften voller Schrott, Animateure versuchen, Passanten in Restaurants hinein zu locken. Menschliche Werbeplakate, ein Trommler ohne Rythmusgefühl, eine als Tod verkleidete Gestalt, ein am Boden kauernder Blockflötenspieler, ein Mann mit einer Bettelschale, der zwei völlig verkrüppelte Füße in orthopädischen Schuhen hinter sich her zieht, Menschen, die Mülleimer nach Brauchbarem untersuchen, andere, die blasiert in Korbstühlen herumsitzen, an Getränken nippeln und, während sie sich miteinander "unterhalten", ihre jeweiligen Kommunikationsgeräte befummeln, Mails lesen oder SMS absetzen. Kultureller Irrsinn. In Vorbeifahrt ein Werbeplakat:"Who needs fiction!" Stimmt. Hier und heute ist Fiktion.
Wir radeln bergauf, bergab, (Stockholm besteht aus 14 Inseln, die mit 53 Brücken verbunden sind), landen auf immer neuen Ebenen, an Rückseiten von Häusern und ganzen Gegenden, an Orten und Nicht-Orten, bevölkert von Typen aller Haut- und Haarfarben, gefärbt oder natürlich, alle im Transit von Irgendwo nach Irgendwo, die Frauen und Mädchen auf Stöckeln und in Hotpants. Lieber so viel wie möglich sonnen-(bank-)gebräunte Haut zeigen und frieren, als wettergemäß gekleidet und damit vermeintlich unsichtbar zu sein. Es scheint, als hätte die sexuelle Revolution in unseren Breitengraden heimatlose und desorientierte Kinder hervorgebracht, denn in Hamburg, Berlin, in Tokio, New York usw. das gleiche Bild. Ein flüchtiger, aber wiederkehrender Gedanke. Wir widmen uns den anstehenden Aufgaben: Schlauchboot reparieren (der Skipper), Scharniere und Druckknöpfe justieren (Logbuchführerin).
Der Wind soll in den nächsten Tagen nördlich bleiben und wieder auffrischen (bis 7 Bft). Wir liegen geschützt im Windschatten des Vasa-Museums, das in der Dämmerung ein bisschen so aussieht wie Dagobert Ducks Geldspeicher.
Mittwoch. Wechseln noch einmal den Liegeplatz von der zweiten in die erste Reihe, als der Nachbar sich auf den Weg nach Estland macht und wir keine Luvleine mehr haben. Nun haben wir freien Blick auf eine betrunkene Männergruppe und ein vorbeistreunendes Freundinnenpaar, die sich gegenseitig wie vom Suchtstoff ferngesteuert in die Arme fallen, die Frauen auf der Pier, die Männer auf dem Boot, das eigentlich für ihren Zustand einen zu wackeligen Untergrund bietet. Brothers and sisters in Arms.
Und sonst:
- Im Vorbeigehn wahrgenommen und besser als halluzinogene Substanzen: http://youtu.be/MqVcHTEmrlc
- besoffen von der Parallelverschiebung der Schwimmstege in den Knicks, bei Schwell
- wir kriegen jeden Tag zu jeder Mahlzeit our favorite dish: fish!
- und auf alles kommt: frische Zwiebel (z.B. auf den Kaviar aus Kalix, hier Nationalgericht)
- gustatorisch das Beste seit langem: von des Skippers rauhen Händen frisch zubereiteter Kartoffelsalat, mit geraspelter roher Rote Beete, geraspeltem Ingwer, Tomaten, Gurken, Möhren, Essig/Öl/ Salz/Pfeffer-Sauce
- Logbuchführerin malade, ein Tag Totalausfall
- Welche von den 24.000 Inseln und Inselchen des Skärengartens solln wir uns als nächstes vornehmen?!
Dass wir bei Einfahrt gestern als erstes einem auf Wikinger getrimmten Touristenkahn begegneten, bestätigt, dass jede Reise immer auch eine Zeitreise ist. Vieles von dem, was unsere Vorfahren zum Leben und Überleben betrieben, machen wir heute nur so zum Spaß, uns segelnd von einem Ort zum anderen bewegen oder bewegen lassen z.B.
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In diesem Tunnel klingt "De Noche" sehr gut |
Wir radeln bergauf, bergab, (Stockholm besteht aus 14 Inseln, die mit 53 Brücken verbunden sind), landen auf immer neuen Ebenen, an Rückseiten von Häusern und ganzen Gegenden, an Orten und Nicht-Orten, bevölkert von Typen aller Haut- und Haarfarben, gefärbt oder natürlich, alle im Transit von Irgendwo nach Irgendwo, die Frauen und Mädchen auf Stöckeln und in Hotpants. Lieber so viel wie möglich sonnen-(bank-)gebräunte Haut zeigen und frieren, als wettergemäß gekleidet und damit vermeintlich unsichtbar zu sein. Es scheint, als hätte die sexuelle Revolution in unseren Breitengraden heimatlose und desorientierte Kinder hervorgebracht, denn in Hamburg, Berlin, in Tokio, New York usw. das gleiche Bild. Ein flüchtiger, aber wiederkehrender Gedanke. Wir widmen uns den anstehenden Aufgaben: Schlauchboot reparieren (der Skipper), Scharniere und Druckknöpfe justieren (Logbuchführerin).
Der Wind soll in den nächsten Tagen nördlich bleiben und wieder auffrischen (bis 7 Bft). Wir liegen geschützt im Windschatten des Vasa-Museums, das in der Dämmerung ein bisschen so aussieht wie Dagobert Ducks Geldspeicher.
Mittwoch. Wechseln noch einmal den Liegeplatz von der zweiten in die erste Reihe, als der Nachbar sich auf den Weg nach Estland macht und wir keine Luvleine mehr haben. Nun haben wir freien Blick auf eine betrunkene Männergruppe und ein vorbeistreunendes Freundinnenpaar, die sich gegenseitig wie vom Suchtstoff ferngesteuert in die Arme fallen, die Frauen auf der Pier, die Männer auf dem Boot, das eigentlich für ihren Zustand einen zu wackeligen Untergrund bietet. Brothers and sisters in Arms.
Und sonst:
- Im Vorbeigehn wahrgenommen und besser als halluzinogene Substanzen: http://youtu.be/MqVcHTEmrlc
- besoffen von der Parallelverschiebung der Schwimmstege in den Knicks, bei Schwell
- wir kriegen jeden Tag zu jeder Mahlzeit our favorite dish: fish!
- und auf alles kommt: frische Zwiebel (z.B. auf den Kaviar aus Kalix, hier Nationalgericht)
- gustatorisch das Beste seit langem: von des Skippers rauhen Händen frisch zubereiteter Kartoffelsalat, mit geraspelter roher Rote Beete, geraspeltem Ingwer, Tomaten, Gurken, Möhren, Essig/Öl/ Salz/Pfeffer-Sauce
- Logbuchführerin malade, ein Tag Totalausfall
- Welche von den 24.000 Inseln und Inselchen des Skärengartens solln wir uns als nächstes vornehmen?!
Dienstag, 23. Juli 2013
Genau nach West ungefähr — Saltsjöbaden nach Stockholm
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Die Wikinger kommen uns entgegen |
Die Passage durch den äußerst engen Kanal an Boo und Lännersta vorbei ist eine echte Abkürzung nach Stockholm, die wir erst unlängst als Möglichkeit entdeckt haben. Wir haben nie weniger als 3,5 m unterm Kiel, obwohl wir wieder einige male die Luft anhalten, weil das Fahrwasser so schmal ist, dass an einigen Stellen Entgegenkommer warten müssen, weil man sich schlecht begegnen kann. Die Durchfahrten sind an den breiteren Stellen gesäumt von Holzhäusern hoch oben auf den Felsen, von denen lange Treppen hinunterführen zu Bootsstegen und Badestellen. "Genau nach West ungefähr!", lässt der Navigator hier zur besseren Orientierung für die Rudergängerin wissen. Auf dem letzten Stück, das nach Norden verläuft, bläst uns der Nordwind ins Gesicht, die Schonzeit ist vorbei. Dann noch einmal links abbiegen. Reingleiten mit Fock wäre schön, ist aber Fehlanzeige wegen des starken Schwells. So heinzen wir durch nach Vasahamn, vorbei am Vergnügungspark (http://youtu.be/eDrF_lGq5ik), wo sich das lustvolle Gekreische durchgeschüttelter Kreaturen, die sich himmelwärts drehen oder gerade in Kapseln zu Boden stürzen, mit dem Geheul des Windes und Motorengeräuschen vermischt.
Das erste Hafenbecken ist sehr schmal zum Manövrieren, die äußerste Box ist zwar frei, aber wir lassen sie an stb liegen; innen werden wir geschützter liegen. Dort ist noch eine Lücke neben einem Finnen, die zunächst etwas zu schmal aussieht. Der Finne winkt uns heran, nimmt schon Leinen an. Passt. Hallo die Enten, heute mal eine schwarz weiße Sorte, die wir noch nie gesehen haben. Das innere Becken ist größer und besser zum Manövrieren, aber ohne freie Plätze, denn wenn man früh genug (nicht am selben Tag) online reserviert, bekommt man vorzugsweise dort einen Platz (über www.dockspot.com). Vor dem Museumscafè gibt es eine Pier, die neu aussieht, mit einer Bar, wo wir in den Genuss des typischen arroganten schwedischen Nicht-Service kommen, der die Chronistin immer wieder zur Weißglut treibt. (Die Schweden sind nicht die geborenen Dienstleister). Abendbrot nehmen wir bei einem Italiener rund um die Saluhallen ein. Sehr lecker. Radtour zurück durch ein sehr belebtes Gamlastan, wo sogar noch Geschäfte geöffnet sind, allerdings voller Dinge, die die Welt nicht braucht.
In den nächsten Tagen soll es wieder ordentlich blasen, konstant aus Norden, was wohl wegen polarer Kaltluft einen Temperatursturz mit sich bringen wird. Die kühlen Wassertemperaturen bringen einen zusätzlichen Tschill-Faktor mit sich. Wir haben die richtige Entscheidung getroffen, das nächste Tief in der Großstadt abzuwettern. Kein Skärenwetter, und nicht geeignet für die Aalands. Nach der Großwetterlage zu urteilen, wird noch ein Weilchen ein Tief das nächste jagen.
Montag, 22. Juli 2013
Knocking on heavens door — Nynäshamn nach Saltsjöbaden
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Was, wenns n zehn Meter Turm gibt und keiner springt? |
Die Hafenmeisterin weist uns einen sehr geschützten Platz an, der mit einem roten Schild "privat" versehen ist. Gelandet. Ordnung. Ruhe. Stille. Dann gibts für die Logbuchführerin den neuen Krimi aus dem Perigord "Schatten an der Wand", von Martin Walker, an einem Glas Rotwein. Der Skipper wird überschüssige Energie durch Laufen los. Ab 21:00 Uhr dreht der Wind nach Süden, und die Schwalben fliegen tief, eine lässt sich auf unserer Heckboje nieder.
Aus der Hafenkneipe tönt billiges Barmusikgedudel mit Echtstimme und -instrumenten. Das Sonne-unter-Spektakel in der Bucht hingegen ist märchenhaft, wieder "Flammendes Inferno", und beinahe Vollmond. Achteraus schauen wir auf die Sternwarte des Astrologischen Instituts von Stockholm. Im Süden erscheint ein zarter Regenbogen über die gesamte Bucht. Der finnische Nachbar bedankt sich dafür, dass ich ihn darauf aufmerksam mache. Der farbige Bogen liegt außerhalb seines Sichtfeldes. Bitte schön.
Stockholm ist sprichwörtlich um die Ecke. Noch einmal schlafen.
Freitag, 19. Juli 2013
Rückseite — Eingeweht Nynäshamn
Beim Frühstück diskutieren wir "Ü-50-Flecken auf Lieblings-T-shirts" und planen, wie unser Törn weitergehen soll. Für Skären ist es sowohl heute als auch morgen zu hackig. Der Wind kommt mit 5-6, in Böen 7 Bft aus NW bis N, im großen und ganzen unsere derzeitige Richtung. Morgen soll es zwar immer noch aus dem gleichen Himmelsviertel wehen, aber nicht mehr ganz so stark wie heute. Da gehen wir doch früher als gedacht nach Stockholm und hangeln uns danach über die eine oder andere Skäre Richtung Götakanal zurück nach Hause. Dort (Stockholm oder Götakanal) könnten dann z.B. zur Seekrankheit neigende "edle Gefährten" für ein paar Tage zusteigen, um eine Tuckertour und Tralala zu genießen. Ab Göteborg haben wir dann etwa zwei Wochen, um über unsere Lieblingsorte Mollösund, Gullholmen, Marstrand, Anholt, Samsö usw. wieder nach Hause zu jackeln.
Wir sind also ab übermorgen, 21. Juli für zwei bis drei Tage in Stockholm. Ab 24. Juli besegeln wir die Stockholmer Skären, ab 1. August laufen wir spätestens in den Götakanal ein, etwa am 12. August landen wir in Göteborg und von da gehts weiter Richtung Heimat.
So weit geplant. Den Rest des Tages nutzen wir für Versorgung, zum Wäsche waschen, bloggen, ausruhen und Hafenkino kucken, das heute eher Hafentheater ist: Ein neuzeitliches Theater mit kläffenden Fifis, barocken Frauen, die von geringelten Baumwollstoffen eng umhüllt sind, Zigarre rauchenden alten Männern mit Schlagseite... Das Theater wird begleitet von einem exorbitanten Wetterkonzert für gemischte Instrumente: schreienden Kindern, pfeifendem und heulendem Wind, klappernden Fallen, einer Harley Davidson Gang, die Motoren synchron aufheulen lässt usw.
Zum Abendbrot gibts das hellste, klarste Rückseitenwetter jemals. Klarer als jeder reine Wein, den einem irgend jemand jemals einschenken könnte, himmlisch. Also, "lange Hose, kurzer Sinn": wer kommt mit?
Und sonst:
- Rückseitenwetter ist das Wetter nach dem Durchzug einer Front. Wind pustet Schwebeteilchen aus der Sicht. Klar? (Achtung: Seemannsgarn) Und es ist ein bisschen, wie im Theater hinter die Kulissen kucken; aufregende, aufgekratzte Stimmung...)
- Wir merken jetzt, dass das entfernte abendliche Rauschen auf Lindskär das Warmlaufen der Fähren von Nynäshamn gewesen sein muss
- nach dem ersten Kulturschock sind wir mit Nynäshamn versöhnt. In der Stadt prägen neben dem Frosch am Brunnen Oldtimer das Bild.
Minus 8°C — Lindskär nach Nynäshamn
Wir wissen nicht nur, wo der Frosch die Locken, sondern auch, wo der König den Rittersporn hat! |
Er ist viel größer, als in den Hafenhandbüchern verzeichnet. Wahrscheinlich aufgerüstet, Stege verlängert usw. Wir besorgen eine neue Starterbatterie, die der inzwischen geübte Skipper auch gleich einbaut, und einen neuen Deckel für die Positionslampe, der ebenfalls gleich angebracht wird. Bei der Gelegenheit fragen wir, ob wir bei der Werft das Schiff aus dem Wasser nehmen und mal kucken können, wie es um unseren Kiel bestellt ist. Der Mann beim Schiffsausrüster hängt sich ans Telefon. Einen sachverständigen Gutachter gibts nicht, sagt er, sodass die Aktion— nur für uns Laienpublikum — eigentlich unsinnig ist. "Do you take water?", fragt er, "no," unsere Antwort. "Then I'd say don't worry, have fun!" sagt der Mann prompt und wirkt dabei so kompetent und zuversichtlich, dass wir uns ernsthaft fragen, worüber wir uns eigentlich Sorgen gemacht haben.
Aus lauter Freude schrubbt die Chronistin und Logbuchführerin inbrünstig das Schiff. Der Skipper baut überschüssige Energie durch Laufen ab. Um 17:30 hat es immer noch 25°C, bis innerhalb der nächsten Stunde eine Kaltfront durchzieht. Da warens nur noch 17°C, also minus 8°C, nöch?
Für einen Spaziergang zum Zentrum von Nynäshamn braucht man sich nicht mit einem Fotoapparat zu belasten. Es gibt nichts zu sehen, dessen man nicht auch in Kiel ansichtig werden könnte, falls diese Stadt einmal so tun sollte, als wäre sie Solingen oder Bielefeld. Abendbrot in der "Freya" am Ende der Pier, eine zum Restaurant/Imbiss abgetakelte Seebraut aus Holz. Da kriegt man das Essen "an Obstteller" serviert, wenn die Kellnerin sich übern Tisch beugt.
Der Abendhimmel hat den Titel "Flammendes Inferno" noch mehr verdient, als unser Lieblingsbettzeug. Morgen gibts Hack. Na dann erstmal: gute Nacht.
Und sonst:
- Bei juckenden und geschwollenen Mückenstichen helfen Antihistamine innerhalb einer Stunde!
"The red one!" — Fifang nach Lindskär
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Offensichtlich vor Bäumen |
Zeit für einen Skärenwechsel: Zunächst kommt der Wind immer aus der Richtung, in die wir wollen, mit 3 Bft aus SE. Später kriegen wir bei einem Kurs von 25° den SW 3-4 achterlich. Da gehts mit Fock vorbei an schlafenden Urahnen, Skären mit Punkfrisur, und einer Riesin, die in Vorbeifahrt aussieht, als wende sie ihr Gesicht ab. "Lasst mich schlafen!", scheint sie zu seufzen. "Tod ist ein langer Schlaf...", summe ich, die Logbuchführerin, in Gedanken. Unwiderbringliche, unnachahmliche Momente. Wahrgenommen, für immer vorbei. Nördlich von Landsort (einem unserer Sehnsuchtsorte, den wir aber diesmal achteraus liegen lassen), geht es durch eine enge Durchfahrt, die wir gaaaaaanz laaaaaaangsam nehmen. Ein Entgegenkommer ruft uns zu:"The red one!" und lacht. Wir lachen auch, denn wir sehen deutlich die rote Tonne, es ist auch die richtige, und unsere Bilge ist trocken, der Kiel hängt also noch. Die Einfahrt nach Lindskär nehmen wir ebenfalls vorsichtig, da sie dicht unter der Wasseroberfläche ein paar fiese Untiefen bereithält. Das Wasser ist da erkennbar heller. Manchmal schäumt es ein bisschen. Der Weg führt in beruhigend ausreichendem Abstand dran vorbei. Hier gehen wir nicht an den Felsen. Nicht tief genug, ergeben zwei Versuche. Also gehen wir vor Anker, das ist sowieso urtümlicher. Viel Wind ist nicht zu erwarten. Gut. Die Abendsonne richtet ihre Strahlen genau auf unseren Ankerplatz, während die meisten anderen Boote schon im Schatten liegen. Unser Blick aus dem Cockpit nach Norden ist überirdisch schön. Wir schauen aus der geschützen Bucht hinaus, durch die offene Einfahrt bis zum Horizont, der wieder von Felsen gesäumt ist. Der etwas über halbgroße Mond schaut zu. Stille. Na dann: gute Nacht.
Und sonst:
- Von Ferne rauscht es zeitweise wie von einer Großstadt
- Zur Blauen Stunde fallen Mücken über uns her
- Ultraleichte Schlagseite nach bb
- Cockpitdusche tropft ein bisschen. Süßwasser in der Bilge.
Donnerstag, 18. Juli 2013
Nordostpassage — Trosa nach Fifang
Dienstag, 16. Juli. Noch vor dem Frühstück liest die Lockbuchführerin "Nordwestpassage..." von der üblen Tina zu Ende. Ein gutes Buch, bis auf eine Stelle. Jedenfalls volltauglich als Lektüre für eine Schiffsreise. Jetzt müsste lesetechnisch eine große Leere folgen. Mal sehen. Draußen strahlt schon wieder ein blauer Himmel, wie er unseren japanischen Freund K erfreuen würde, denn in Japan gibt es ja kein Himmelblau.
Wir machen einen Einkaufsbummel mit Dingi durch den Trosaan, an dessen Mündung dieses wahrlich "malerische" (Hafenhandbuch) Städtchen Trosa liegt. Vor den Holzhäuschen entlang des Flusses stehen meterhohe Malven in voller Blüte, die Stimmung ist heiter, entspannt, aufgeräumt, und wir würden uns nicht wundern, wenn Kalle Blomquist und Tom Sawyer gemeinsam um die nächste Ecke gerannt kämen. Über einem Schaufenster steht "Lek & Hobby", das muss wohl "Lecken war sein Hobby" bedeuten... Kaufen Brot
von einem deutschen Bäcker, dessen Sohn einen Marktstand betreibt. Der junge Mann spricht Deutsch. Sauerteigbrot gibt es hier nur von deutschen Bäckern, ebenso wie Schwarzbrot, das garantiert nicht nach Zimt, Zucker oder gar beidem schmeckt. Am Gemüsestand daneben bekommen wir alles, was wir frisch brauchen, Gemüsien und Obst, wobei sich später die Mango für 21 Kronen das Stück (zweieinviertel Euro) als Die-Leckerste-Jemals erweist. Der Händler schenkt uns sogar noch eine. Der Supermarkt muss fast ausschließlich für die an Bord medizinisch notwendige Cola herhalten. Einen System Bolaget gibts hier auch, staatlich verwaltete flüssige Genuss-Stoffe. Danach haben wir genug von der Zivilisation, auch wenn sie noch so liebreizend daher kommt, wie Trosa. Wir wollen weg von den kläffenden Hundequälzüchtungen, weg von den industriell abgefüllten Liebesperlen (Dr. Oetker), weg von den tätowierten Motorbootschweden, und weg vom Überangebot blonder Damen, die nach billigem Duschgel riechen.
Der schwache Wind dreht sich heute um sich selbst, wie eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. Wir heinzen. Die Skäre Fifang ist wunderbar. Hier riechts nach Wald.
Wir gehen in die nördliche Bucht und beschließen hier und jetzt, dass wir auf dieser Reise nicht zu den Aalands (Finnland) segeln. Dafür müssten wir jetzt schon da sein oder zumindest ein zwei lange Schläge machen, um noch ein bisschen Zeit zu haben, dieses Inselgebiet zu erkunden. Lieber wollen wir weiter in Schwedens Skärengärten rumtrudeln, bis wir in Stockholm landen. Rock on! (Die Bilge ist trocken).
Mit Bordmitteln werden heute drei Gänge gezaubert, die wir beim Klettern über einen Dinorücken
bis zum höchsten Punkt der Skäre wieder abarbeiten. Von dort aus überschauen wir das Paradies bis zum Horizont, der halbe Mond schaut zu, wir tönen leise "De Noche" und "Wait for the Lord" in die Bucht hinein; den Schweden, die nach uns aufsteigen, gefällts. Am Himmel Fischgrät- oder Federkielwolken.
Und sonst:
- Ob auch Enten ein Kielwasser von 37° haben?
- GZsZ auf schwedisch: GWsW (gute Wolken, schlechte Wolken)
- Moskitoattacken zur Blauen Stunde: Autan hilft!
- Beim Anlanden am Felsen Verlust der Abdeckung der neuen Positionslampe (Skippers unruhige Füße :-(
- Wie gut, dass der Skipper seinem Drang, von der Pier ins Wasser zu springen, nicht nachgegeben hat: beim Reingleiten bemerkt er gleich die spitzen Felsen, die ganz dicht, aber von Land vollkommen unsichtbar unter der Wasseroberfläche liegen. Also: bloß nie nich übermütig werden!
Wir machen einen Einkaufsbummel mit Dingi durch den Trosaan, an dessen Mündung dieses wahrlich "malerische" (Hafenhandbuch) Städtchen Trosa liegt. Vor den Holzhäuschen entlang des Flusses stehen meterhohe Malven in voller Blüte, die Stimmung ist heiter, entspannt, aufgeräumt, und wir würden uns nicht wundern, wenn Kalle Blomquist und Tom Sawyer gemeinsam um die nächste Ecke gerannt kämen. Über einem Schaufenster steht "Lek & Hobby", das muss wohl "Lecken war sein Hobby" bedeuten... Kaufen Brot
von einem deutschen Bäcker, dessen Sohn einen Marktstand betreibt. Der junge Mann spricht Deutsch. Sauerteigbrot gibt es hier nur von deutschen Bäckern, ebenso wie Schwarzbrot, das garantiert nicht nach Zimt, Zucker oder gar beidem schmeckt. Am Gemüsestand daneben bekommen wir alles, was wir frisch brauchen, Gemüsien und Obst, wobei sich später die Mango für 21 Kronen das Stück (zweieinviertel Euro) als Die-Leckerste-Jemals erweist. Der Händler schenkt uns sogar noch eine. Der Supermarkt muss fast ausschließlich für die an Bord medizinisch notwendige Cola herhalten. Einen System Bolaget gibts hier auch, staatlich verwaltete flüssige Genuss-Stoffe. Danach haben wir genug von der Zivilisation, auch wenn sie noch so liebreizend daher kommt, wie Trosa. Wir wollen weg von den kläffenden Hundequälzüchtungen, weg von den industriell abgefüllten Liebesperlen (Dr. Oetker), weg von den tätowierten Motorbootschweden, und weg vom Überangebot blonder Damen, die nach billigem Duschgel riechen.
Der schwache Wind dreht sich heute um sich selbst, wie eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. Wir heinzen. Die Skäre Fifang ist wunderbar. Hier riechts nach Wald.
Wir gehen in die nördliche Bucht und beschließen hier und jetzt, dass wir auf dieser Reise nicht zu den Aalands (Finnland) segeln. Dafür müssten wir jetzt schon da sein oder zumindest ein zwei lange Schläge machen, um noch ein bisschen Zeit zu haben, dieses Inselgebiet zu erkunden. Lieber wollen wir weiter in Schwedens Skärengärten rumtrudeln, bis wir in Stockholm landen. Rock on! (Die Bilge ist trocken).
Mit Bordmitteln werden heute drei Gänge gezaubert, die wir beim Klettern über einen Dinorücken
bis zum höchsten Punkt der Skäre wieder abarbeiten. Von dort aus überschauen wir das Paradies bis zum Horizont, der halbe Mond schaut zu, wir tönen leise "De Noche" und "Wait for the Lord" in die Bucht hinein; den Schweden, die nach uns aufsteigen, gefällts. Am Himmel Fischgrät- oder Federkielwolken.
Und sonst:
- Ob auch Enten ein Kielwasser von 37° haben?
- GZsZ auf schwedisch: GWsW (gute Wolken, schlechte Wolken)
- Moskitoattacken zur Blauen Stunde: Autan hilft!
- Beim Anlanden am Felsen Verlust der Abdeckung der neuen Positionslampe (Skippers unruhige Füße :-(
- Wie gut, dass der Skipper seinem Drang, von der Pier ins Wasser zu springen, nicht nachgegeben hat: beim Reingleiten bemerkt er gleich die spitzen Felsen, die ganz dicht, aber von Land vollkommen unsichtbar unter der Wasseroberfläche liegen. Also: bloß nie nich übermütig werden!
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Erster Gang... |
Mittwoch, 17. Juli 2013
Sturm im Kopf — Nyköping nach Trosa
Montag, 15. Juli. Schon morgens bläst es mit 4 Bft, in Böen 5. Die Rudergängerin "netzert" ein bisschen. (Der Namensgeber für dieses Tätigkeitswort, das noch in keinem Duden zu finden ist, weil: wir hams erfunden, ist Günther Netzer, der Fußballer. Die Rudergängerin kann seinen sauertöpfischen Gesichtsausdruck. Hinter dem Netzern, so weiß sie inzwischen, steckt aber mehr, als einfach nur nachzuahmen, wie er, der Günther, leicht angewidert das Leben kommentiert und dabei so nebenbei alle niedermacht. Wenn das Netzern so über sie kommt, dann weiß sie, dass der Tag nicht einfach wird, sondern schwer, und dass er ein paar Tücken parat hält. Zuhause nennen wir das Phänomen die "Tücke des Objekts). Die erste T.d.O. ist der Wetterbericht im Hafenbüro. Die Rudergängerin vergleicht nochmal sicherheitshalber die Daten mit denen von des Skippers Wetter-Äpp. Komisch. Laut dem Hafenaushang gibt es schon übern Tag mit dem Durchschnittswind Sturm, in der Nacht erst Recht, und vom Spitzenwind ganz zu schweigen. Kann doch nicht sein! Der Hafenaushang ist ein Ausdruck vom Windfinder. Den hat auch der Skipper konsultiert. Wo ist das Problem? Ach so! Der Windfinder rechnet ja in Knoten, während die Schweden, wie auch die Dänen, in Meter pro Sekunde (m/s) rechnen. An die m/s-Rechnung haben wir, die wir sonst immer in Knoten rechnen (etwa doppelt so viel wie m/s), uns gerade erst gewöhnt und die Knoten ganz vergessen. Knoten als m/s gelesen ergeben natürlich: Sturmstärke. Nun gut, ham wir das geklärt.
Die nächste T.d.O. kommt beim Ablegen. Der Wind drückt beim Rückwärtsgehen wunschgemäß den Arsch der Schille nach backbord in den Hafen hinein, als wir schon fast aus den Booms raus sind, drückt er aber wieder den Bug nach bb. Und da ist dann eine von den Davits des Nachbarn unserem Bugkorb im Weg (Davits, daran kann man sein Dingi aufhängen). Hört sich schlimmer an, als es ist (kein Schaden, nur Stahl auf Stahl, wir klären das später mit den Nachbarn). Später wird sich auch klären, dass der Rudergänger (in diesem Fall der Skipper) und die Lockbuchführerin unterschiedliche Vorstellungen von diesem Manöver hatten. Das Ruder lag eben nicht nach bb, sondern gegen die gewünschte Richtung nach stb. So einfach is Physik... Nun gut, ham wir auch das geklärt.
Die nächste T.d.O. ist die Untertasse von der Rollfockrolle. Sie hat sich ausgehängt. Wir können das auf See nicht reparieren, fahren also zurück, legen nochmal an, diesmal außen längseits der Pier. Ziehen die Imbusschrauben fest. Und dann: auf ein Neues. Jetzt ist es 12:15, viel später als geplant, aber was solls: Es ist eine traumhafte Ausfahrt, gesäumt von Schilfgürteln an beiden Ufern und vorbei an der "Tod- durch-Vogelkacke"- Skäre, die sich durch einen abgestorbenen, weil zugekackten Baum auszeichnet, und eine kreischende Horde von Vögeln, denen das alles — das mit der Umwelt — sprichwörtlich scheißegal ist... Dann biegen wir in das innerste Skärenfahrwasser, wie es innerer gar nicht mehr geht, auf Valarö zu, zwischen Langö und Risö durch. Kulissen werden verschoben, dass es nur so eine Art hat — Felsen decken einander in Vorbeifahrt ab, Horizonte verschieben sich gegeneinander. Viele Tatzenskären, später Igelskären. Das Hirn will halt immer was erkennen, deshalb die animistischen Assoziationen.
Wir nehmen manch enge, aber unterm Kiel ausreichend nasse Passage, bis der Skipper und Navigator plötzlich schreit: "Fahr zurück, dreh um!" Oha. Heinz springt sofort an, danke, Fock ist eh klein, um Geschwindigkeit zu drosseln, wir machen nur 3,2 Knoten, das Groß haben wir gar nicht erst ausgepackt. Intuitiv eine Halse nach steuerbord, konsequent um 180°, denn an backbord sieht es: gar nicht gut aus... Über die Rocky Mountains müssen wir Gott sei Dank nicht, nur über einen Geröllhaufen. Ein paar Sekunden später, und wir wären nicht mehr so glimpflich davon gekommen. Es rummst ein bisschen "im Abgang", mit dem bekannten "on the rocks"- Geräusch, einem hohlen, mittelhellen Klang wie große-Kieselsteine-aneinander-reiben, und wir sind wieder frei. Wir machen die Passage gleich nochmal, diesmal erkennen wir die Tonnenführung sofort: Wo das Fahrwasser einen Knick macht, haben wir das zweite Tonnenpaar für das erste gehalten. Ein paar Möwen schauen uns seelenruhig von dem Felsen nach, den wir dank glücklicher Fügung ausgelassen haben. Scheisendreck! Wir können später auf dem Track der Äpp genau nachvollziehen, was wir gemacht haben. Gut. Ham wir auch das geklärt.
Auf unser ursprüngliches Ziel, den Naturhafen Aspö, haben wir jetzt nicht mehr so richtig Lust. Der Schock einer Grundberührung sitzt tief; das Leben hängt am seidenen Faden, auch wenn es strapazierfähige Fallschirmseide ist. So fahren wir bloß vorbei an der Bucht und lugen hinein. Die Gegend ist zwar zauberhaft, aber die Bucht ist überfüllt, wir hören schon das Schreien fröhlicher Kinder, die sich immer wieder aufs Neue von Bord ins Wasser plumpsen lassen, während andere ihren Dingimotor zum kreischen bringen. Ist nicht gut für die Nerven, so eine Bucht. Außerdem ist der Wind sowieso zu stark für einen Naturhafen, nachts soll es weiter etwas kräftiger blasen. Also entscheiden wir uns hier und jetzt für Trosa.
Die Einfahrt ist wiederum verzaubert. Igelskären und Skären, deren Schilfsaum und Bewuchs sich freiwillig nach Lee biegen, aber auch einige, die ihren Bewuchs ganz gegen die gängige Windrichtung gegelt haben. Zu welchem Frisör gehen die?! Die Einfahrt zieht sich, wir sind erschöpft, und der Hafen ist in aller Echtigkeit gepackt, was eigentlich unser Standardwitz ist. Diesmal bekommen wir erst einen Platz, als die Skipperin eines Motorbootes uns signalisiert, dass sie rausgeht. Prima. Eine Heckboje wird frei, wir quetschen uns rein. Sitzt, passt, Luft braucht es nicht. Mahatja Fender. Zehn Minuten Augen zu, und dann ab ins Städtchen. Auswärts essen und ein Glas Rotwein auf den Schreck mit der Grundberührung. Gut schlafen geht anders, aber shit happens. Der Abend klingt aus mit Geschichten. Na dann: Gute Nacht.
Die nächste T.d.O. kommt beim Ablegen. Der Wind drückt beim Rückwärtsgehen wunschgemäß den Arsch der Schille nach backbord in den Hafen hinein, als wir schon fast aus den Booms raus sind, drückt er aber wieder den Bug nach bb. Und da ist dann eine von den Davits des Nachbarn unserem Bugkorb im Weg (Davits, daran kann man sein Dingi aufhängen). Hört sich schlimmer an, als es ist (kein Schaden, nur Stahl auf Stahl, wir klären das später mit den Nachbarn). Später wird sich auch klären, dass der Rudergänger (in diesem Fall der Skipper) und die Lockbuchführerin unterschiedliche Vorstellungen von diesem Manöver hatten. Das Ruder lag eben nicht nach bb, sondern gegen die gewünschte Richtung nach stb. So einfach is Physik... Nun gut, ham wir auch das geklärt.
Die nächste T.d.O. ist die Untertasse von der Rollfockrolle. Sie hat sich ausgehängt. Wir können das auf See nicht reparieren, fahren also zurück, legen nochmal an, diesmal außen längseits der Pier. Ziehen die Imbusschrauben fest. Und dann: auf ein Neues. Jetzt ist es 12:15, viel später als geplant, aber was solls: Es ist eine traumhafte Ausfahrt, gesäumt von Schilfgürteln an beiden Ufern und vorbei an der "Tod- durch-Vogelkacke"- Skäre, die sich durch einen abgestorbenen, weil zugekackten Baum auszeichnet, und eine kreischende Horde von Vögeln, denen das alles — das mit der Umwelt — sprichwörtlich scheißegal ist... Dann biegen wir in das innerste Skärenfahrwasser, wie es innerer gar nicht mehr geht, auf Valarö zu, zwischen Langö und Risö durch. Kulissen werden verschoben, dass es nur so eine Art hat — Felsen decken einander in Vorbeifahrt ab, Horizonte verschieben sich gegeneinander. Viele Tatzenskären, später Igelskären. Das Hirn will halt immer was erkennen, deshalb die animistischen Assoziationen.
Wir nehmen manch enge, aber unterm Kiel ausreichend nasse Passage, bis der Skipper und Navigator plötzlich schreit: "Fahr zurück, dreh um!" Oha. Heinz springt sofort an, danke, Fock ist eh klein, um Geschwindigkeit zu drosseln, wir machen nur 3,2 Knoten, das Groß haben wir gar nicht erst ausgepackt. Intuitiv eine Halse nach steuerbord, konsequent um 180°, denn an backbord sieht es: gar nicht gut aus... Über die Rocky Mountains müssen wir Gott sei Dank nicht, nur über einen Geröllhaufen. Ein paar Sekunden später, und wir wären nicht mehr so glimpflich davon gekommen. Es rummst ein bisschen "im Abgang", mit dem bekannten "on the rocks"- Geräusch, einem hohlen, mittelhellen Klang wie große-Kieselsteine-aneinander-reiben, und wir sind wieder frei. Wir machen die Passage gleich nochmal, diesmal erkennen wir die Tonnenführung sofort: Wo das Fahrwasser einen Knick macht, haben wir das zweite Tonnenpaar für das erste gehalten. Ein paar Möwen schauen uns seelenruhig von dem Felsen nach, den wir dank glücklicher Fügung ausgelassen haben. Scheisendreck! Wir können später auf dem Track der Äpp genau nachvollziehen, was wir gemacht haben. Gut. Ham wir auch das geklärt.
Auf unser ursprüngliches Ziel, den Naturhafen Aspö, haben wir jetzt nicht mehr so richtig Lust. Der Schock einer Grundberührung sitzt tief; das Leben hängt am seidenen Faden, auch wenn es strapazierfähige Fallschirmseide ist. So fahren wir bloß vorbei an der Bucht und lugen hinein. Die Gegend ist zwar zauberhaft, aber die Bucht ist überfüllt, wir hören schon das Schreien fröhlicher Kinder, die sich immer wieder aufs Neue von Bord ins Wasser plumpsen lassen, während andere ihren Dingimotor zum kreischen bringen. Ist nicht gut für die Nerven, so eine Bucht. Außerdem ist der Wind sowieso zu stark für einen Naturhafen, nachts soll es weiter etwas kräftiger blasen. Also entscheiden wir uns hier und jetzt für Trosa.
Die Einfahrt ist wiederum verzaubert. Igelskären und Skären, deren Schilfsaum und Bewuchs sich freiwillig nach Lee biegen, aber auch einige, die ihren Bewuchs ganz gegen die gängige Windrichtung gegelt haben. Zu welchem Frisör gehen die?! Die Einfahrt zieht sich, wir sind erschöpft, und der Hafen ist in aller Echtigkeit gepackt, was eigentlich unser Standardwitz ist. Diesmal bekommen wir erst einen Platz, als die Skipperin eines Motorbootes uns signalisiert, dass sie rausgeht. Prima. Eine Heckboje wird frei, wir quetschen uns rein. Sitzt, passt, Luft braucht es nicht. Mahatja Fender. Zehn Minuten Augen zu, und dann ab ins Städtchen. Auswärts essen und ein Glas Rotwein auf den Schreck mit der Grundberührung. Gut schlafen geht anders, aber shit happens. Der Abend klingt aus mit Geschichten. Na dann: Gute Nacht.
Dienstag, 16. Juli 2013
Arkösund nach Nyköping
Sonntag, 14. Juli. Letzter Blogeintrag mit dem Supernetz von Arkö. Letztes ekologisk Blabaer-Eis von Sänkdalens (benannt nach Gegend und Firma), das wir natürlich Skandaleis nennen, wegen der lautmalerischen Ähnlichkeit. Wasser und Diesel bunkern, und dann ab ins nächste Naturschutzgebiet. Der Himmel ist zugezogen, die Hafenstimmung ist nicht mehr so ausgelassen wie gestern.
Wir freuen uns auf Skäre und nichts als Skäre. Starten mit halbem Wind und der wunderbaren Reisegeschwindigkeit von 3-4 Knoten. Arkösund nördlich raus, weiter durch den Granösund. Einzelne Skären blitzen in der Sonne auf, die sich nur ab und zu gegen dichte Wolken durchsetzen kann. Manche Skären sind so komplett von orangefarbenen Flechten überwuchert, dass sie leuchten wie die Gewänder buddhistischer Mönche. Ab 16:00 Kälteeinbruch: die Rudergängerin braucht Handschuhe. Gegen 17:00 stellen wir fest, dass es immer noch 10 sm bis zum anvisierten Naturhafen Aspö sind. Eigentlich ein bisschen spät, wenn man nicht einmal weiß, ob man da überhaupt landen kann. Wir haben unsere Reisegeschwindigkeit etwas überschätzt. So entscheiden wir uns spontan für Nyköping, einen kleinen Hafen mit einer schilfgesäumten Zufahrt, während der ein intensiver Süßwassergeruch in die Nase steigt. Wir ergattern den letzten freien Platz mit Booms, die genügend breit für uns sind. Auf den ersten Blick sieht die unmittelbare Hafenumgebung ein bisschen nach DDR aus. Eine äußerst kompetente junge Hafenmeisterin weist uns ein und nimmt uns den ersten Schrecken; ein kleiner Rundgang noch vor dem Abendbrot ergibt dann ein ganz anderes Bild, da zeigt sich, rund um die Burg, die 800 Jahre alte Stadttradition. Mittelalterliche Speichergebäude des älteren Hafenteils dienen jetzt als Cafès und Restaurants. Wir essen aber schön gemütlich "zuhause", machen uns die kleine Heizung an (16° :-( und zum Nachtisch einen leckeren "Lebensfreudetee". Na dann: gute Nacht.
Und sonst:
Östlich vom Hafen sind nummerierte Trainingsbahnen für Kanuten abgeteilt. Von den dort Trainierenden sind drei olympische Goldmedaillengewinner, weiß die Hafenmeisterin.
Wir freuen uns auf Skäre und nichts als Skäre. Starten mit halbem Wind und der wunderbaren Reisegeschwindigkeit von 3-4 Knoten. Arkösund nördlich raus, weiter durch den Granösund. Einzelne Skären blitzen in der Sonne auf, die sich nur ab und zu gegen dichte Wolken durchsetzen kann. Manche Skären sind so komplett von orangefarbenen Flechten überwuchert, dass sie leuchten wie die Gewänder buddhistischer Mönche. Ab 16:00 Kälteeinbruch: die Rudergängerin braucht Handschuhe. Gegen 17:00 stellen wir fest, dass es immer noch 10 sm bis zum anvisierten Naturhafen Aspö sind. Eigentlich ein bisschen spät, wenn man nicht einmal weiß, ob man da überhaupt landen kann. Wir haben unsere Reisegeschwindigkeit etwas überschätzt. So entscheiden wir uns spontan für Nyköping, einen kleinen Hafen mit einer schilfgesäumten Zufahrt, während der ein intensiver Süßwassergeruch in die Nase steigt. Wir ergattern den letzten freien Platz mit Booms, die genügend breit für uns sind. Auf den ersten Blick sieht die unmittelbare Hafenumgebung ein bisschen nach DDR aus. Eine äußerst kompetente junge Hafenmeisterin weist uns ein und nimmt uns den ersten Schrecken; ein kleiner Rundgang noch vor dem Abendbrot ergibt dann ein ganz anderes Bild, da zeigt sich, rund um die Burg, die 800 Jahre alte Stadttradition. Mittelalterliche Speichergebäude des älteren Hafenteils dienen jetzt als Cafès und Restaurants. Wir essen aber schön gemütlich "zuhause", machen uns die kleine Heizung an (16° :-( und zum Nachtisch einen leckeren "Lebensfreudetee". Na dann: gute Nacht.
Und sonst:
Östlich vom Hafen sind nummerierte Trainingsbahnen für Kanuten abgeteilt. Von den dort Trainierenden sind drei olympische Goldmedaillengewinner, weiß die Hafenmeisterin.
Sonntag, 14. Juli 2013
Hafenkino Arkösund
Uns es war Sommer, (doch sie war keine 31 mehr...) |
Führte die Chronistin nicht das Lockbuch, hätte sie schon längst Wochentage und Datum ein für allemal vergessen. Das vorübergehende Vergessen erklärt den meditativen Zustand hier an Bord, in dem es ihr möglich ist, die Schönheit des Wasserstrahls wahrzunehmen, der allmorgendlich aus dem Kessel in die Teekanne fließt: seine Klarheit, Durchsichtigkeit und Spiegelungsfähigkeit.
In Gedanken, aber auch tatsächlich nähern wir uns so langsam den Stockholmer Schären. Also liebe Leute: jetzt ergibt sich bald eine erste Zusteigemöglichkeit in Stockholm. Bei Anruf: Nord!
Und sonst:
- Sitzen und Schauen ist ein menschliches Grundbedürfnis
- ein von der Vormittagssonne leicht angeröstetes Brötchen: mh, lecker
Samstag, 13. Juli 2013
Navigationskonzentrat — Flatvarp nach Arkösund
Freitag 12. Juli
Der Skipper darf heute ansagen "Jetzt gehts los!", denn er hat schon: um 5:50 den Morgennebel fotografiert, ist um 8:00 schon gelaufen und hat danach in 13°C temperiertem Wasser gebadet sowie Frühstück aufgetischt. Also das letzte Stück erLAUCHt- (die "heilige Zwiebel") eingepackt und los gehts. Der alte Schwede, an dessen Boot wir im Päckchen liegen, macht unbemerkt unsere Leine schon los. Eine seltsame Art von Humor, und kein Drama. Drifters sind wir sowieso.
Mit dem bisschen Wind (E, 8 kn) gleiten wir Richtung Norden. http://youtu.be/Ph0AmMTLBNk
Den Traveller nach der Faustregel "wie Rudermitte" einstellen bringt einen halben Knoten mehr Fahrt. Beeindruckend. Weil der Rudergängerin 5-6 Knoten Fahrt durch die Schären zu schnell sind, nehmen wir die Fock weg, damit es sich nicht ganz so gruselig anfühlt, auf Felsen zu zu fahren, ohne das Fahrwasser 100%tig zu erkennen. So schööööön! Bis der Skipper ungeduldig wird, als der Wind immer vorlicher kommt und später ganz weg bleibt. Vom Motorboot aus ist die Schärenwelt nur noch halb so schön, weil ihr die plätschernde Stille fehlt.
Wir erleben wieder krasse Temperaturgegensätze: Als der Wind zwischenzeitlich auf N dreht, ist er Kaltmamsell. Dann dreht er auf SW, und unser Fahrtwind und der Südwester heben sich gegenseitig auf. Bordzeit mit Windstille, also brütend heiß. Tse.
Die Rudergängerin erkennt Arkösund zuerst nicht wieder, denn wir legen an den brandneuen Stegen im südlicheren Hafen an. Erst nach dem Brückenrundgang wird sie der Möwen-, Enten- und Badefelsen ansichtig und die Erinnerung kehrt zurück.
Der Hafen ist aufgerüstet. "Pro Marina" heißt das Marketingprogramm, das im Verbund mit ein paar anderen Häfen im Umkreis durchgezogen wird. Das Gute daran ist: es gibt das beste W-Lan Netz seit einer ganzen Woche, oder jemals. Blog on!
Der Skipper darf heute ansagen "Jetzt gehts los!", denn er hat schon: um 5:50 den Morgennebel fotografiert, ist um 8:00 schon gelaufen und hat danach in 13°C temperiertem Wasser gebadet sowie Frühstück aufgetischt. Also das letzte Stück erLAUCHt- (die "heilige Zwiebel") eingepackt und los gehts. Der alte Schwede, an dessen Boot wir im Päckchen liegen, macht unbemerkt unsere Leine schon los. Eine seltsame Art von Humor, und kein Drama. Drifters sind wir sowieso.
Mit dem bisschen Wind (E, 8 kn) gleiten wir Richtung Norden. http://youtu.be/Ph0AmMTLBNk
Den Traveller nach der Faustregel "wie Rudermitte" einstellen bringt einen halben Knoten mehr Fahrt. Beeindruckend. Weil der Rudergängerin 5-6 Knoten Fahrt durch die Schären zu schnell sind, nehmen wir die Fock weg, damit es sich nicht ganz so gruselig anfühlt, auf Felsen zu zu fahren, ohne das Fahrwasser 100%tig zu erkennen. So schööööön! Bis der Skipper ungeduldig wird, als der Wind immer vorlicher kommt und später ganz weg bleibt. Vom Motorboot aus ist die Schärenwelt nur noch halb so schön, weil ihr die plätschernde Stille fehlt.
Wir erleben wieder krasse Temperaturgegensätze: Als der Wind zwischenzeitlich auf N dreht, ist er Kaltmamsell. Dann dreht er auf SW, und unser Fahrtwind und der Südwester heben sich gegenseitig auf. Bordzeit mit Windstille, also brütend heiß. Tse.
Die Rudergängerin erkennt Arkösund zuerst nicht wieder, denn wir legen an den brandneuen Stegen im südlicheren Hafen an. Erst nach dem Brückenrundgang wird sie der Möwen-, Enten- und Badefelsen ansichtig und die Erinnerung kehrt zurück.
Let's do the time warp agähän — Västervik nach Flatvarp
Donnerstag, 11. Juli
Zum Aufwachen ein fröhliches Grau. Der junge Hafenmeister ist genervt. Viel zu tun, und der Wind scheint ihn zu stressen. Wir überlegen, was mir wollen. Bleiben und radeln oder einen kleinen Schlag nach Norden machen? Gegen Nachmittag soll der Wind auf E drehen. Bislang kommt er genau aus der Richtung, in die wir wollen, mit 16 Knoten aus NE. Wir entscheiden uns für Aufbruch: bloß nich anwachsen.
Der Skipper, der sprichwörtlich immer weiß wo er ist und wo es langgeht, muss heute sehr lange auf die Seekarten kucken, bevor er Ansage macht, wohin die Rudergängerin steuern soll.
Teilweise gehen mehrere Fahrwasser sternförmig von einem Gebiet aus, und man sieht ein Verwirrspiel von Tonnen. Selten erkennt man eindeutig, wo das Fahrwasser langgeht. Na ja, soll ja auch nich langweilig werden. "Draußen" geht es erstmal gegen Wind und Welle, 1-1,5m. Die See ist hier nahe der Skären nur 10, 12m tief, nach starkem Wind bilden sich Grundseen. Bezaubernd hingegen das innere Skärenfahrwasser. Hier gibt es keine Welle, auch wenns draußen noch so kachelt. Und es liegen wieder sehr sympathische Fabelwesen rum, z.B. ein kurzschnauziger und kurzschwänziger Dino und natürlich die eine oder andere "Jungfru". Wo es geht, lassen wir Heinz, unseren Motor, schweigen und gleiten unter Fock durch die Märchenwelt, wo einem die geräucherten Lachse förmlich in den Mund fliegen.
Wieder mischt sich Lilienduft unter den harzigwürzigen Kieferngeruch. Haben die Schweden das Jahr der Lilie ausgerufen? Einsame Hütten auf einsamen Schären mit Privatanleger. Und dann Flatvarp: hier hängen wir in einer Zeitschleife.
Der Skipper hüpft gleich mal ins Wasser, rüstet dann das Dingi und geht noch ein bisschen spielen. Zum Abendessen kommt er freiwillig wieder.
Und sonst:
- Asvikelandet ist eines der größten Naturschutzgebiete Schwedens
- eine heiß augespülte Vorratsdose aus Plastik, um den schlechten Geruch des lange verschlossenen Innenraums los zu werden, ergibt einen ekligen schleimigen Film. Segen und Fluch liegen beim Thema Plastik sehr eng beieinander :-(
Zum Aufwachen ein fröhliches Grau. Der junge Hafenmeister ist genervt. Viel zu tun, und der Wind scheint ihn zu stressen. Wir überlegen, was mir wollen. Bleiben und radeln oder einen kleinen Schlag nach Norden machen? Gegen Nachmittag soll der Wind auf E drehen. Bislang kommt er genau aus der Richtung, in die wir wollen, mit 16 Knoten aus NE. Wir entscheiden uns für Aufbruch: bloß nich anwachsen.
Der Skipper, der sprichwörtlich immer weiß wo er ist und wo es langgeht, muss heute sehr lange auf die Seekarten kucken, bevor er Ansage macht, wohin die Rudergängerin steuern soll.
On the rocks ist hier kein Getränkeserviervorschlag |
Und sonst:
- Asvikelandet ist eines der größten Naturschutzgebiete Schwedens
- eine heiß augespülte Vorratsdose aus Plastik, um den schlechten Geruch des lange verschlossenen Innenraums los zu werden, ergibt einen ekligen schleimigen Film. Segen und Fluch liegen beim Thema Plastik sehr eng beieinander :-(
Eingeweht — Västervik
Die Frisur is eindeutig im Ar....gen |
Mittwoch 10. Juli
"Endlich mal ausgeschlafen!" (Unser geflügelter "laufender Witz" an Bord). Dann lesen. Reinemachen. Matratzen ausklopfen. Urgh. Erstaunlich, wieviel Staub sich so an Bord ansammelt. Man denkt, da weht den ganzen Tag und die ganze Nacht der Wind längs und die Luft ist rein. Pustekuchen. Für eine Allergikerin ein kleiner Albtraum. Ansonsten bringt das Bordleben viel Gutes hervor. Kosenamen und so was alles. Auch unser Lieblingsbettzeug hat einen, den wir allerdings schon von zuhause mitgebracht haben: Flammendes Inferno. Das wird heute in die Waschmaschine dieses Luxushafens gesteckt und danach in den Trockner. (In der Waschküche herrscht reges Treiben. Man muss die Maschinen buchen und sich in Listen eintragen. Ist ein bisschen wie inner WG). Hier gibts außerdem eine Sauna mit genügend großem Schwimmbecken, als dass man aufhört, die Schwimmzüge zu zählen. Ein verregneter, eingewehter Tag kann so beinahe unmerklich, auf jeden Fall mühelos verbracht werden. Hier seht ihr, was die Enten bei Regen so treiben:
http://www.youtube.com/watch?v=KZJNyUVsDaM&feature=youtu.be
Der Hafen füllt sich im Laufe des Vormittags mit barfüßigen, ansonsten seefest bekleideten Schweden. Ob deren Schuhsohlen von Natur aus mehr Grip haben als unsere? Nochmal das Schiff gegen den zunehmenden Wind vertäuen. Um 16:00 fängt es richtig an zu hacken: 29kn aus NNE. Draußen wird es mehr sein. Gemütlich, fest vertäut zu sein. Dunkle Wolken ziehen über uns hinweg, aus denen ein kalter, fauchender, und in der Ferne quietschender Wind weht. Der drückt die Schiffe gegen die Pier und gegeneinander. Wir machen uns zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Keine Lust, die Räder aus der Lotsenkoje zu hieven. Supermarkt suchen und finden. Auf dem Rückweg werden die Arme naturgemäß immer länger.
Abends wird der gesamte Hafen vom beginnenden Musikfestival beschallt, das einst vom Abba-eigenen Björn Ulvaeus mitbegründet wurde. Die Schweden und ihr Musikgeschmack. Wenn man nichts gutes zu sagen hat, soll man besser schweigen.
Und sonst:
- Dem Skipper sin Fru kann besser "so kucken wie der Skipper" als der Skipper selbst
- Mittwoch, zuhause unser wöchentlicher Chortag. Wir singen, gedenken und freun uns auf September, wenns wieder weitergeht mit der Singerei.
- Laut DWD sind wir genau im Kern eines Tiefs mit okkludierter Front. 20:00 ergiebiger Regen.
Angeschärt: Byxelkrok nach Västervik
Dienstag 9. Juli
Schade. Wegen einer herannahenden Front mit viel Wind (und Regen) in den nächsten beiden Tagen verholen wir uns lieber weg von Byxel und steuern Västervik auf dem Festland an. Da können wir einwehen und sind gut versorgt. Aufgewacht in Gedanken an die Lebensbedingungen auf dem Schiff. Ihre Funktionalität (ja, die Chill Out ist eine sie) ist immer wieder beeindruckend, ebenso wie die praktische, immer wohl durchdachte Ausstattung an Bord der meisten anderen Exemplare derselben Spezies, derer man bei Hafenrundgängen gewahr werden kann... Der menschliche Körper, einmal aus dem Alltag an Land losgeeist, muss sich auf Borddimensionen neu einstellen: bücken, ducken, rückwärtsgehen usw. An Bord fügt man sich besser, stellt ganz von selbst seinen Mutwillen ein, wenn man nicht einen an der Waffel hat.
Die See ist unruhig heute. Wir sind wieder "auf der Rolle". Bei anfänglich 4, zunehmend 5 Bft, in Böen 6 aus Süden brettern wir mit 7-8 kn nach NNW. Wegen dem Halsenkurs packen wir das Groß bald weg. Das Bergen des Segels bei dieser Art Wind und Welle ist so, als versuchte man, Vokabeln zu pauken, während man von einem aufgebrachten Lehrmeister den Hintern versohlt kriegt. Den Rest der Strecke erledigen wir nur mit Fock. Das geht immer noch schnell genug. Am Nachmittag "Surfin'" auf 1m Welle, ausnahmsweise mal nicht "juh-äss-äi", sondern unsere geliebte alte Ostsee. Mit 5 Knoten Fahrt sind wir nach dem Geschmack der Rudergängerin, die auch dem Skipper sin Fru und außerdem Führerin des Lockbuchs ist (und ewig lockt das Weib!), für die Schären eigentlich immer noch zu schnell. So schnell kann sie gar nicht genießen, und gegen die Sonne erkennen wir die Durchfahrten nur mit Mühe. Tonnenwälder. Ja, heute ist "anschären", denn es liegen auf unserem Kurs ein paar Felsen in der Gegend rum, die den Namen Schäre wirklich verdienen. Ihr Duft ist besser als "Der Duft der Frauen"! Ein paar Kabellängen riechen unsere geschärften Nüstern intensiven Lilienduft auf der Kippe zu schwersüßem Stink. Dann nur noch nadelöliger, würziger Schärenatem. Die Schären sehen aus wie "die schwarze Nasse", ein "Schaf, dass sich umdreht" oder ein "Insekt, dass sich in ein Nashorn verwandelt" usw. Wir steuern auf die Felsen zu, um dann im letzen Moment scharf nach steuerbord einzudrehen. Bezaubernde Durchfahrt zwischen Sparö und Grönö, so schmal, das gerade mal zwei Boote nebeneinander Platz haben, eins in jede Richtung. Wir halten die Luft an, damit es sich ausgeht. An Backbord ein Steg, der seine besten Tage hinter sich hat.
Bei Ankunft Västervik "Hallo die Enten!" Eine Entenmama paddelt gemächlich aufs Ufer zu, sechs flaumige Kinder mit absolut synchronen Bewegungen in Reih und Glied hinterher. Der Abend ist lang und grau, aber lau. Noch um 22:15 hat es 21°. Wir sitzen ärmel- und beinfrei im Cockpit und lauschen dem Abend. Von einem der Nachbarschiffe eine raunende Frauenstimme. Sie liest ihrem zigarrerauchenden Skipper eine Gutenachtgeschichte.
Und sonst heute:
- Das Dingi ist beim Manövrieren immer im Weg. Verfängt sich in Heckbojen, belegt Klampen.
- Der Delius Clasing Kartensatz ist zwar schön gezeichnet, aber so dämlich unterteilt und nummeriert, dass man es kaum aushält, weshalb er bei der Rudergängerin so verhasst ist "wie nix Gutes"
- Besoffener Schwimmsteg in Kombination mit zu locker sitzenden und zu griffigen Schuhen der Rudergängerin ergibt: einmal kräftig stürzen. Sie ist nun von blauen Flecken so übersäht (die unzähligen Blaugrünen, die das Bordleben ihr hinzugefügt hat, mitgezählt), dass sie sich locker für jedes Frauenhaus qualifizieren würde. Das sieht der Skipper natürlich: ganz gelassen.
Schade. Wegen einer herannahenden Front mit viel Wind (und Regen) in den nächsten beiden Tagen verholen wir uns lieber weg von Byxel und steuern Västervik auf dem Festland an. Da können wir einwehen und sind gut versorgt. Aufgewacht in Gedanken an die Lebensbedingungen auf dem Schiff. Ihre Funktionalität (ja, die Chill Out ist eine sie) ist immer wieder beeindruckend, ebenso wie die praktische, immer wohl durchdachte Ausstattung an Bord der meisten anderen Exemplare derselben Spezies, derer man bei Hafenrundgängen gewahr werden kann... Der menschliche Körper, einmal aus dem Alltag an Land losgeeist, muss sich auf Borddimensionen neu einstellen: bücken, ducken, rückwärtsgehen usw. An Bord fügt man sich besser, stellt ganz von selbst seinen Mutwillen ein, wenn man nicht einen an der Waffel hat.
Die See ist unruhig heute. Wir sind wieder "auf der Rolle". Bei anfänglich 4, zunehmend 5 Bft, in Böen 6 aus Süden brettern wir mit 7-8 kn nach NNW. Wegen dem Halsenkurs packen wir das Groß bald weg. Das Bergen des Segels bei dieser Art Wind und Welle ist so, als versuchte man, Vokabeln zu pauken, während man von einem aufgebrachten Lehrmeister den Hintern versohlt kriegt. Den Rest der Strecke erledigen wir nur mit Fock. Das geht immer noch schnell genug. Am Nachmittag "Surfin'" auf 1m Welle, ausnahmsweise mal nicht "juh-äss-äi", sondern unsere geliebte alte Ostsee. Mit 5 Knoten Fahrt sind wir nach dem Geschmack der Rudergängerin, die auch dem Skipper sin Fru und außerdem Führerin des Lockbuchs ist (und ewig lockt das Weib!), für die Schären eigentlich immer noch zu schnell. So schnell kann sie gar nicht genießen, und gegen die Sonne erkennen wir die Durchfahrten nur mit Mühe. Tonnenwälder. Ja, heute ist "anschären", denn es liegen auf unserem Kurs ein paar Felsen in der Gegend rum, die den Namen Schäre wirklich verdienen. Ihr Duft ist besser als "Der Duft der Frauen"! Ein paar Kabellängen riechen unsere geschärften Nüstern intensiven Lilienduft auf der Kippe zu schwersüßem Stink. Dann nur noch nadelöliger, würziger Schärenatem. Die Schären sehen aus wie "die schwarze Nasse", ein "Schaf, dass sich umdreht" oder ein "Insekt, dass sich in ein Nashorn verwandelt" usw. Wir steuern auf die Felsen zu, um dann im letzen Moment scharf nach steuerbord einzudrehen. Bezaubernde Durchfahrt zwischen Sparö und Grönö, so schmal, das gerade mal zwei Boote nebeneinander Platz haben, eins in jede Richtung. Wir halten die Luft an, damit es sich ausgeht. An Backbord ein Steg, der seine besten Tage hinter sich hat.
Bei Ankunft Västervik "Hallo die Enten!" Eine Entenmama paddelt gemächlich aufs Ufer zu, sechs flaumige Kinder mit absolut synchronen Bewegungen in Reih und Glied hinterher. Der Abend ist lang und grau, aber lau. Noch um 22:15 hat es 21°. Wir sitzen ärmel- und beinfrei im Cockpit und lauschen dem Abend. Von einem der Nachbarschiffe eine raunende Frauenstimme. Sie liest ihrem zigarrerauchenden Skipper eine Gutenachtgeschichte.
Und sonst heute:
- Das Dingi ist beim Manövrieren immer im Weg. Verfängt sich in Heckbojen, belegt Klampen.
- Der Delius Clasing Kartensatz ist zwar schön gezeichnet, aber so dämlich unterteilt und nummeriert, dass man es kaum aushält, weshalb er bei der Rudergängerin so verhasst ist "wie nix Gutes"
- Besoffener Schwimmsteg in Kombination mit zu locker sitzenden und zu griffigen Schuhen der Rudergängerin ergibt: einmal kräftig stürzen. Sie ist nun von blauen Flecken so übersäht (die unzähligen Blaugrünen, die das Bordleben ihr hinzugefügt hat, mitgezählt), dass sie sich locker für jedes Frauenhaus qualifizieren würde. Das sieht der Skipper natürlich: ganz gelassen.
Freitag, 12. Juli 2013
Less, More, Just Enough, The Most — Sandvik nach Byxelkrok
Montag, 8. Juli
Unruhige Nacht wegen Geballere von Welle an Heck. Wind hat auch NW gedreht. Um 6:00 ziehen wir in die Vorderkajüte um und schlafen noch what. Zum Frühstück gibts die leckeren Mitbringsel vom königlichen Fischlieferanten. Räder raus. Auf zur Mühle, einer der höchsten der Welt. Faszinierende Technik.
Staubiges Holz. Die Jacke des Müllers. Die Arbeitsgeräte des Müllers.
Weiter Richtung Norden. Am Strand entlang seeseitig Steinbrüche, inlands die Alvar. Hier riecht sie nach Blüten und Kräutern. Die in der aktuellen Lektüre des Skippers (dem Ölandkrimi) beschriebene historische Art, abgebaute Steine mit wenig tiefgehenden Booten raus auf See zu bringen, wo sie auf große Transportkähne umgelagert wurden, sind noch sichtbar. Bei einer Mühle, wo am Anfang des 20. Jahrhunderts die Steine geschliffen wurden, liegt neben einer Hütte ein alter Slip, als hätten die Arbeiter ihn gerade für die Nacht gesichert. Eine lange Nacht, einen langen Schlaf, am Ende Verrostung. Der Steinabbau führt dazu, dass die Landmasse immer weniger wird. Ein Land baut sich selbst ab. Wir reißen uns los aus Sandvik, in Gedanken voller Steine.
Auf See zunächst mit zwei Reffs einen gerade eben Anlieger bei 3-4 Bft aus NE und einem Kurs von 10°. Dann lässt der Wind stark nach und dreht nach vorn. So wird die Seefahrt heute doch noch öddelig. Wir stampfen gegen die frische alte See, die sich genauso blöd anfühlt wie alte See von gestern. Unter diesen Bedingungen den dringend erforderlichen Pfirsichquark zuzubereiten ist eine Herausforderung. Aber gegessen werden muss. Der Winddreher kommt natürlich auch wieder mit Temperaturkontrast. Brrrr.
In Byxelkrok werden wir vom Hafenmeister eingewiesen, längsseits einer finnischen Yacht, die ihrerseits längsseits eines dicken Fischerbootes festgemacht hat. Die Finnen sprechen ein bisschen Deutsch, das sie in der Schule gelernt haben. Sie wollen nach Süden, wir wollen nach Norden. So fahren wir alle auf ewig aneinander vorbei. Dabei ist das Leben viel einfacher, der hier ansässige Dichter und Schafsfarmer Lennart Sjögren wird im Hafenhandbuch zitiert:
My neighbour is cleaning fish
He bends over the table
Transforming with his knife and hand
The watery green, red-gilled, the metallic
Guts to one side
Meat to the other
Life preparation
Und sonst:
- Die Pogo, die in Kalmar neben uns lag, ist auch hier
- der Hamnpuben sieht aus wie n Eisladen, isset awer nit. Er hat sein Menü in Less, More, Just Enough, The Most unterteilt. Tranebaersaft: mh!
- Verluste im Geschirrbereich wegen unverschlossenem Schapp. Wie blöd kann man sein?!
- In Byxelkrok gibts einen frisch umhäkelten Laternenpf. Um 21:00 windstill. Menschliche Geräusche und entfernt die Brandung. Kreisrund abgezirkelte orangefarbene Sonne ohne Strahlen; fahlgrau die See, der Himmel ebenso. Einzig: sie schimmert, der Himmel aber ist stumpf.
Unruhige Nacht wegen Geballere von Welle an Heck. Wind hat auch NW gedreht. Um 6:00 ziehen wir in die Vorderkajüte um und schlafen noch what. Zum Frühstück gibts die leckeren Mitbringsel vom königlichen Fischlieferanten. Räder raus. Auf zur Mühle, einer der höchsten der Welt. Faszinierende Technik.
Staubiges Holz. Die Jacke des Müllers. Die Arbeitsgeräte des Müllers.
Weiter Richtung Norden. Am Strand entlang seeseitig Steinbrüche, inlands die Alvar. Hier riecht sie nach Blüten und Kräutern. Die in der aktuellen Lektüre des Skippers (dem Ölandkrimi) beschriebene historische Art, abgebaute Steine mit wenig tiefgehenden Booten raus auf See zu bringen, wo sie auf große Transportkähne umgelagert wurden, sind noch sichtbar. Bei einer Mühle, wo am Anfang des 20. Jahrhunderts die Steine geschliffen wurden, liegt neben einer Hütte ein alter Slip, als hätten die Arbeiter ihn gerade für die Nacht gesichert. Eine lange Nacht, einen langen Schlaf, am Ende Verrostung. Der Steinabbau führt dazu, dass die Landmasse immer weniger wird. Ein Land baut sich selbst ab. Wir reißen uns los aus Sandvik, in Gedanken voller Steine.
Auf See zunächst mit zwei Reffs einen gerade eben Anlieger bei 3-4 Bft aus NE und einem Kurs von 10°. Dann lässt der Wind stark nach und dreht nach vorn. So wird die Seefahrt heute doch noch öddelig. Wir stampfen gegen die frische alte See, die sich genauso blöd anfühlt wie alte See von gestern. Unter diesen Bedingungen den dringend erforderlichen Pfirsichquark zuzubereiten ist eine Herausforderung. Aber gegessen werden muss. Der Winddreher kommt natürlich auch wieder mit Temperaturkontrast. Brrrr.
In Byxelkrok werden wir vom Hafenmeister eingewiesen, längsseits einer finnischen Yacht, die ihrerseits längsseits eines dicken Fischerbootes festgemacht hat. Die Finnen sprechen ein bisschen Deutsch, das sie in der Schule gelernt haben. Sie wollen nach Süden, wir wollen nach Norden. So fahren wir alle auf ewig aneinander vorbei. Dabei ist das Leben viel einfacher, der hier ansässige Dichter und Schafsfarmer Lennart Sjögren wird im Hafenhandbuch zitiert:
My neighbour is cleaning fish
He bends over the table
Transforming with his knife and hand
The watery green, red-gilled, the metallic
Guts to one side
Meat to the other
Life preparation
Und sonst:
- Die Pogo, die in Kalmar neben uns lag, ist auch hier
- der Hamnpuben sieht aus wie n Eisladen, isset awer nit. Er hat sein Menü in Less, More, Just Enough, The Most unterteilt. Tranebaersaft: mh!
- Verluste im Geschirrbereich wegen unverschlossenem Schapp. Wie blöd kann man sein?!
- In Byxelkrok gibts einen frisch umhäkelten Laternenpf. Um 21:00 windstill. Menschliche Geräusche und entfernt die Brandung. Kreisrund abgezirkelte orangefarbene Sonne ohne Strahlen; fahlgrau die See, der Himmel ebenso. Einzig: sie schimmert, der Himmel aber ist stumpf.
Not 4 sail(ors) — Borgholm nach Sandvik
Sonntag, 7. Juli
Frühstück mit Bordmitteln. Nachbarin erzählt von einem super Fischladen, der bis 16:00 geöffnet haben soll. Gut. Räder rausschälen fürs Kultur- und Einkaufsprogramm. Frisch auf durch den Naturschutzpark zum Solliden, dem königlichen Sommersitz,
mit dem königlichen Garten
und dem königlichen Cafè, wo aber zur Zeit kein König weilt. Dennoch auch in Abwesenheit des Königs alles königlich. Würd ich auch so machen, wenn ich Königin von Deutschland wär. Einen Rosengarten hat er geschenkt bekommen, von einer holländischen Königin: historische, extrem lecker duftende Rosen! Leider ist der König skulpturell nicht geschmackssicher. Nun gut. Wir verzeihen ihm das. Der königliche Apfelsaft hingegen ist ne kulinarische Wucht. So erfrischt strampeln wir auf unseren Rädern ein Stück durch die Alvar, die Steppe Ölands mit dem typischen schweren, dunklen, warmen, also insgesamt guten Geruch. Der Skipper zeigt siner Fru eine "Stelle", die er beim morgendlichen Laufen entdeckt hat: einen verzauberten, steilen Waldweg, vorbei an vollkommen moosbewachsenen Felsen...
Die Schlossruine aus dem 16. Jahrhundert wird in Vorbeifahrt aufgenommen, wir können schnell kucken: quadratisch, runde Ecken, gut. Dann: die Bla Rör, ein mehrfach geplündertes Steingrab aus der Bronzezeit. Damit sind alle Sehenswürdigkeiten des Ortes intus, und wir können diesen Ort — eine touristische Hochburg mit a(ni)mateurhaftem Ambiente — beruhigt verlassen. Komischerweise führen hier auch alle Wege nach Toalet :-(
Nichts für ungut, lieber König von Schweden.
Wir bevorzugen kleine, etwas öddelige Fischerhäfen mit Charme, Melone, aber ohne Schirm. Abendliche Badeszenen auf der Pier. Menschliche Schattenrisse vor Abendhimmel. Kleine Mädels und Jungs lassen sich nacheinander und zusammen von der Pier ins Wasser fallen. Gekreische von Kindern und Vögeln. Dann nur noch Vögel. Geplätscher. Leere Pier. Sonne unter. Nacht.
- Lufttemperatur um 17:00 beträgt 25°C; wir Ölsardinen, den ganzen Tag
- Wassertemperatur auf See 19,4°C
- 1/8 unserer Zeit ist um, eigentlich nix, fühlt sich aber an wie ne Ewigkeit
Frühstück mit Bordmitteln. Nachbarin erzählt von einem super Fischladen, der bis 16:00 geöffnet haben soll. Gut. Räder rausschälen fürs Kultur- und Einkaufsprogramm. Frisch auf durch den Naturschutzpark zum Solliden, dem königlichen Sommersitz,
mit dem königlichen Garten
und dem königlichen Cafè, wo aber zur Zeit kein König weilt. Dennoch auch in Abwesenheit des Königs alles königlich. Würd ich auch so machen, wenn ich Königin von Deutschland wär. Einen Rosengarten hat er geschenkt bekommen, von einer holländischen Königin: historische, extrem lecker duftende Rosen! Leider ist der König skulpturell nicht geschmackssicher. Nun gut. Wir verzeihen ihm das. Der königliche Apfelsaft hingegen ist ne kulinarische Wucht. So erfrischt strampeln wir auf unseren Rädern ein Stück durch die Alvar, die Steppe Ölands mit dem typischen schweren, dunklen, warmen, also insgesamt guten Geruch. Der Skipper zeigt siner Fru eine "Stelle", die er beim morgendlichen Laufen entdeckt hat: einen verzauberten, steilen Waldweg, vorbei an vollkommen moosbewachsenen Felsen...
Die Schlossruine aus dem 16. Jahrhundert wird in Vorbeifahrt aufgenommen, wir können schnell kucken: quadratisch, runde Ecken, gut. Dann: die Bla Rör, ein mehrfach geplündertes Steingrab aus der Bronzezeit. Damit sind alle Sehenswürdigkeiten des Ortes intus, und wir können diesen Ort — eine touristische Hochburg mit a(ni)mateurhaftem Ambiente — beruhigt verlassen. Komischerweise führen hier auch alle Wege nach Toalet :-(
Nichts für ungut, lieber König von Schweden.
Wir bevorzugen kleine, etwas öddelige Fischerhäfen mit Charme, Melone, aber ohne Schirm. Abendliche Badeszenen auf der Pier. Menschliche Schattenrisse vor Abendhimmel. Kleine Mädels und Jungs lassen sich nacheinander und zusammen von der Pier ins Wasser fallen. Gekreische von Kindern und Vögeln. Dann nur noch Vögel. Geplätscher. Leere Pier. Sonne unter. Nacht.
- Lufttemperatur um 17:00 beträgt 25°C; wir Ölsardinen, den ganzen Tag
- Wassertemperatur auf See 19,4°C
- 1/8 unserer Zeit ist um, eigentlich nix, fühlt sich aber an wie ne Ewigkeit
Samstag, 6. Juli 2013
Königliche Sommerresidenz — Kalmar nach Borgholm
Samstag, 6. Juli 2013
Das mit der Polarexpedition hat sich erstmal erledigt, bei 22°C Lufttemperatur um 10:00, Wassertemperatur 19°C und strahlender Sonne. Laut dem Tankwart, der unseren Diesel auffüllt, sind dies jetzt die ersten warmen Tage in der Gegend. Das Baro steht bei 1028 hPa. Da wird sich wohl ein Hoch durchgesetzt haben. Wir machen uns auf den kurzen Weg nach Borgholm, wo im Sommer der König mit seiner Familie residiert. Zunächst tuckern wir (7kn Wind aus S, Kurs 30°), am frühen Nachmittag bekommen wir für das letzte Stündchen noch einen schönen Am Wind Kurs geschenkt, wahrscheinlich dank eines lokalen Tiefs über Land von der Hitze des Tages. Mit 7kn laufen wir jetzt genauso schnell, wie der Wind weht. Die Schlossruine ist schon etwa 10sm weit gut zu erkennen. Der Hafen wird dominiert von einem weißen Hotelklotz; viele freie Heckbojen, trotz des exorbitanten Wetters und der Tatsache, dass wir Wochenende haben. Wo sind die Schweden hin? Vielleicht wie viele deutsche und dänische Segler vom schlechten Wetter abgeschreckt und nach "Malle" oder auf die Seychellen ausgewichen...Uns soll das recht sein.
Atmosphärisch wird der Hafen geprägt von Angeboten für die tausenden Touristen, die herkommen, um dieselbe Luft zu atmen wir der König. Buden, Musik, billiger Zauber für die Massen. Der Ort selbst versprüht den Charme eines DIN A4-formatigen Millimeterpapiers. Wir nehmen einen KaffeeTee bei Ebba's Cafè, das uns der Skipper von der Pogo empfohlen hat. Auch hier bleiben Fragen offen, was die Stimmigkeit der Atmosphäre angeht: Das gesamte Lokal ist dicht an dicht mit Fotos von Hollywoodschauspielern behängt. Was machen die da? Waren die alle mal hier auf Urlaub? Zum TeeKaffee suchen wir uns einen mürben Keks aus
, von dem niemand weiß, wie er heißt, nicht mal die Kellnerinnen! Im Garten steht ne militärisch graue Telefonzelle
mit einem Münztelefon von der Sorte, deren schwarze Hörer locker als Bizepstrainingsgerät qualifizieren, so schwer.
Zum Abendbrot grillen wir den Lachs von dem netten Fischmann in der Salu Hallen von Kalmar. Vorspeise: Räkor in Knoblauchöl. Nachtisch: Erdbeeren. Im Gegenlicht der untergegangenen Sonne erkennen wir "die Janusköpfigkeit der Enten."
Besonderheiten des Tages:
- laut Tankwart im Hafen von Kalmar nennen die Schweden den Göta Kanal (durch den wir evtl. zurückfahren) "divorce channel"
- Um 13:15 lauten Lufttemperatur, Geschwindigkeit und Alkoholgehalt von Prips Bla gleich: 27° / 2,7kn / %
- um 19:10 ist Anbaden (nur für Skipper)
Das mit der Polarexpedition hat sich erstmal erledigt, bei 22°C Lufttemperatur um 10:00, Wassertemperatur 19°C und strahlender Sonne. Laut dem Tankwart, der unseren Diesel auffüllt, sind dies jetzt die ersten warmen Tage in der Gegend. Das Baro steht bei 1028 hPa. Da wird sich wohl ein Hoch durchgesetzt haben. Wir machen uns auf den kurzen Weg nach Borgholm, wo im Sommer der König mit seiner Familie residiert. Zunächst tuckern wir (7kn Wind aus S, Kurs 30°), am frühen Nachmittag bekommen wir für das letzte Stündchen noch einen schönen Am Wind Kurs geschenkt, wahrscheinlich dank eines lokalen Tiefs über Land von der Hitze des Tages. Mit 7kn laufen wir jetzt genauso schnell, wie der Wind weht. Die Schlossruine ist schon etwa 10sm weit gut zu erkennen. Der Hafen wird dominiert von einem weißen Hotelklotz; viele freie Heckbojen, trotz des exorbitanten Wetters und der Tatsache, dass wir Wochenende haben. Wo sind die Schweden hin? Vielleicht wie viele deutsche und dänische Segler vom schlechten Wetter abgeschreckt und nach "Malle" oder auf die Seychellen ausgewichen...Uns soll das recht sein.
Drove ma Chevvy to the levy... |
Lecker No name Keks |
mit einem Münztelefon von der Sorte, deren schwarze Hörer locker als Bizepstrainingsgerät qualifizieren, so schwer.
Zum Abendbrot grillen wir den Lachs von dem netten Fischmann in der Salu Hallen von Kalmar. Vorspeise: Räkor in Knoblauchöl. Nachtisch: Erdbeeren. Im Gegenlicht der untergegangenen Sonne erkennen wir "die Janusköpfigkeit der Enten."
"Die Janusköpfigkeit der Enten" |
Besonderheiten des Tages:
- laut Tankwart im Hafen von Kalmar nennen die Schweden den Göta Kanal (durch den wir evtl. zurückfahren) "divorce channel"
- Um 13:15 lauten Lufttemperatur, Geschwindigkeit und Alkoholgehalt von Prips Bla gleich: 27° / 2,7kn / %
- um 19:10 ist Anbaden (nur für Skipper)
Neue Energie
Freitag, 5. Juli
Volles Programm heute. Neue Verbraucherbatterien müssen besorgt und eingebaut werden (sehr zeitaufwändig), und wir brauchen Kartenwerk und Hafenhandbücher. Zunächst aber mal fürs aktuelle Frühstück und fürs Wochenende einkaufen sowie Landeswährung besorgen. ForEx ist postgelb und stellt für die Wartenden die unbequemsten Bänke bereit, die ein Rücken jemals geboten bekommen kann. Ansonsten merkt man der Stadt Kalmar die historisch gewachsene Bedeutung an, die sie seit dem Mittelalter als politischer und merkantiler Umschlagplatz und Teil der Küstenverteidigungslinie hat. Linnè Universität (Carl von Linné, schwedischer Naturforscher, 1707-1778) hat ein Gebäude direkt im Hafengelände, und alle Versorgungseinrichtungen dieses zu den ältesten Städten Schwedens gehörenden Gemeindewesens sind nah. (Stadtrechte wurden schon im 13. Jahrhundert erteilt). Interesse und Ehrgeiz liegen hier in der Luft. Der Hafen ist einer der besten, die wir jemals kennengelernt haben (Sauna und richtig heiße Duschen aus wahlweise einem riesigen festen Brausekopf oder einer kleineren Handdusche). Wenn man länger unterwegs ist, weiß man so etwas zu schätzen, und eine Dankbarkeit für Zeitgenossen, die die Bedürfnisse anderer Zeitgenossen bedenken und in freundliche Dienstbarkeit umsetzen, entwickelt sich ganz von selbst.
Beim Einkauf entdecken wir eine für uns neue Salu Hallen, deren Einkaufsstände sich kreisförmig um ein Bistro gruppieren. Der Fischverkäufer empfiehlt uns, am Abend dort zu essen und den Tag mit einem Champagner ausklingen zu lassen. Wir beherzigen die Empfehlung (bis auf den Champagner) und stellen dabei fest, dass er einer der Gründer dieses Unternehmens ist, was er bescheiden für sich behalten hat.
Wir zelebrieren ein ausgedehntes schnelles Brechen (breakfast) und machen uns dann an unsere Batterien ran, die schweren Dinger. Um zu ihnen vorzudringen, müssen natürlich hunderte von Dingen aus dem Weg geräumt werden. Bei der Gelegenheit gleich ein bisschen Rein-Schiff machen, in den Ecken und Ritzen, wo man sonst nicht so leicht hinkommt. All the things we have!!!
Die Karten von den Aalands sind beeindruckend und etwas Furcht einflößend. Einige Gegenden dort werden wohl besser motort als besegelt, so untief... Einstweilen berauschen wir uns an der Fülle gegensätzlicher Erlebnisse, die das Segeln mit sich bringt: Natur- versus Kulturlandschaften, Einfachheit gegenüber Luxus und Verwöhnung, Hitze und Kälte, viel Wind, gar kein Wind, große Fahrt und Gleiten unter Segeln versus Inanspruchnahme des Motors, wenn gar nichts geht; usw. Die technischen Entwicklungen, die uns zur Verfügung stehen, sind beeindruckend. Wir sind Nachgeborene. Die eigentliche Arbeit haben andere für uns erledigt. Allein die Vermessung der Erde und Umsetzung der gesammelten Daten in Kartenwerk ist unfassbar.
Wir beschließen den körperlich anstrengenden und schweißtreibenden Tag mit Sauna und Saluhallen, bei Cava und einem regionalen Stück Fleisch. Die Bauern der Region haben zu Werbezwecken einen Traktorzug durch die Stadt gemacht. Die Einheimischen allerdings nehmen das Angebot nur zögernd an. Die Salu Hallen liegt etwas entrückt vom Zentrum, jenseits einer kleinen Brücke. Ein tolles Konzept! Regionale Erzeugnisse erlesener Qualität, engagiert dargeboten von Menschen, denen ihre Arbeit Freude bereitet. Die Ausstattung ist einfach, aber geschmackvoll. In der Ecke stehen lebensgroß die Blues Brothers. Retro.
Am späteren Abend machen sich die Marktstände bettfertig,
und die Stadt schwillt an mit Musik an jeder Ecke: Hier ne Rock 'n Roll und Bebob Band, da ne schmalzige Popgruppe. Wir spazieren am Gefängnis
vorbei, das prominent an Kanal und Park liegt, als wollte es sagen: "Bloß nicht übermütig werden, Leute!"
Zurück an Bord (unser sommerliches Zuhause): Sie blogt noch what, er liest noch what. Na dann: Nacht.
Sonst noch heute:
- windgelüftetes Bettzeug. Soooo lecker!
- Besichtigung der beeindruckend schnittigen und doch geräumigen Pogo des Stegnachbarn
Volles Programm heute. Neue Verbraucherbatterien müssen besorgt und eingebaut werden (sehr zeitaufwändig), und wir brauchen Kartenwerk und Hafenhandbücher. Zunächst aber mal fürs aktuelle Frühstück und fürs Wochenende einkaufen sowie Landeswährung besorgen. ForEx ist postgelb und stellt für die Wartenden die unbequemsten Bänke bereit, die ein Rücken jemals geboten bekommen kann. Ansonsten merkt man der Stadt Kalmar die historisch gewachsene Bedeutung an, die sie seit dem Mittelalter als politischer und merkantiler Umschlagplatz und Teil der Küstenverteidigungslinie hat. Linnè Universität (Carl von Linné, schwedischer Naturforscher, 1707-1778) hat ein Gebäude direkt im Hafengelände, und alle Versorgungseinrichtungen dieses zu den ältesten Städten Schwedens gehörenden Gemeindewesens sind nah. (Stadtrechte wurden schon im 13. Jahrhundert erteilt). Interesse und Ehrgeiz liegen hier in der Luft. Der Hafen ist einer der besten, die wir jemals kennengelernt haben (Sauna und richtig heiße Duschen aus wahlweise einem riesigen festen Brausekopf oder einer kleineren Handdusche). Wenn man länger unterwegs ist, weiß man so etwas zu schätzen, und eine Dankbarkeit für Zeitgenossen, die die Bedürfnisse anderer Zeitgenossen bedenken und in freundliche Dienstbarkeit umsetzen, entwickelt sich ganz von selbst.
Beim Einkauf entdecken wir eine für uns neue Salu Hallen, deren Einkaufsstände sich kreisförmig um ein Bistro gruppieren. Der Fischverkäufer empfiehlt uns, am Abend dort zu essen und den Tag mit einem Champagner ausklingen zu lassen. Wir beherzigen die Empfehlung (bis auf den Champagner) und stellen dabei fest, dass er einer der Gründer dieses Unternehmens ist, was er bescheiden für sich behalten hat.
Wir zelebrieren ein ausgedehntes schnelles Brechen (breakfast) und machen uns dann an unsere Batterien ran, die schweren Dinger. Um zu ihnen vorzudringen, müssen natürlich hunderte von Dingen aus dem Weg geräumt werden. Bei der Gelegenheit gleich ein bisschen Rein-Schiff machen, in den Ecken und Ritzen, wo man sonst nicht so leicht hinkommt. All the things we have!!!
Die Karten von den Aalands sind beeindruckend und etwas Furcht einflößend. Einige Gegenden dort werden wohl besser motort als besegelt, so untief... Einstweilen berauschen wir uns an der Fülle gegensätzlicher Erlebnisse, die das Segeln mit sich bringt: Natur- versus Kulturlandschaften, Einfachheit gegenüber Luxus und Verwöhnung, Hitze und Kälte, viel Wind, gar kein Wind, große Fahrt und Gleiten unter Segeln versus Inanspruchnahme des Motors, wenn gar nichts geht; usw. Die technischen Entwicklungen, die uns zur Verfügung stehen, sind beeindruckend. Wir sind Nachgeborene. Die eigentliche Arbeit haben andere für uns erledigt. Allein die Vermessung der Erde und Umsetzung der gesammelten Daten in Kartenwerk ist unfassbar.
Wir beschließen den körperlich anstrengenden und schweißtreibenden Tag mit Sauna und Saluhallen, bei Cava und einem regionalen Stück Fleisch. Die Bauern der Region haben zu Werbezwecken einen Traktorzug durch die Stadt gemacht. Die Einheimischen allerdings nehmen das Angebot nur zögernd an. Die Salu Hallen liegt etwas entrückt vom Zentrum, jenseits einer kleinen Brücke. Ein tolles Konzept! Regionale Erzeugnisse erlesener Qualität, engagiert dargeboten von Menschen, denen ihre Arbeit Freude bereitet. Die Ausstattung ist einfach, aber geschmackvoll. In der Ecke stehen lebensgroß die Blues Brothers. Retro.
Am späteren Abend machen sich die Marktstände bettfertig,
Marktstand zur guten Nacht |
Kalmar Gefängnis |
Zurück an Bord (unser sommerliches Zuhause): Sie blogt noch what, er liest noch what. Na dann: Nacht.
Sonst noch heute:
- windgelüftetes Bettzeug. Soooo lecker!
- Besichtigung der beeindruckend schnittigen und doch geräumigen Pogo des Stegnachbarn
Nur 8.5m lang und Kojen für 6 Leute; 2 Pinnen, Durchschnittsgeschwindigkeit bei günstigen Bedingungen: 12 kn; unsinkbar (voll ausgeschäumt) |
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